In der FDP tobt ein Machtkampf Solms: Bösartige Durchstecherei gegen Brüderle

Berlin (RP). In der FDP ist nach der verheerenden Niederlage am Sonntag bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ein erbitterter Führungsstreit ausgebrochen. Nach Informationen unserer Redaktion aus Parteikreisen hat der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle seinen Stellvertreter, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, unmittelbar vor der Präsidiumssitzung am Montag zur Aufgabe seines Ministeramtes gedrängt, was dieser jedoch ablehnte.

 Minister Rainer Brüderle kämpft in der FDP ums Überleben.

Minister Rainer Brüderle kämpft in der FDP ums Überleben.

Foto: dapd, dapd

Seinen Posten als Landesvorsitzender der FDP in Rheinland-Pfalz wird Brüderle hingegen aufgeben. Mit ihm will der gesamte Landesvorstand zurücktreten. Brüderle steht innerparteilich unter Druck, weil die ihm zugeschriebene Bezeichnung der Kehrtwende der Koalition in der Atompolitik als Wahlkampfmanöver vor den Wahlen öffentlich geworden war.

Der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, hatte bereits am Sonntag den Rücktritt Brüderles gefordert. In der Sitzung des Präsidiums eilten allerdings Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der frühere Chef der nordrhein-westfälischen FDP, Andreas Pinkwart, Brüderle zu Hilfe. Leutheusser-Schnarrenberger warnte vor "verkürzten Personaldebatten" und mahnte eine umfassendere Analyse an. Die FDP sei in einer "Existenzkrise".

Brüderle selbst lehnte eine Verantwortung für die Niederlage ab. Die Äußerungen seien durch eine Indiskretion des Bundesverbands der Deutschen Industrie an die Öffentlichkeit gelangt. Darüber habe er sich sehr geärgert, sagte er nach Angaben von Teilnehmern. Auch Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms stützte Brüderle. Der Minister sei durch eine "bösartige Durchstecherei" Opfer einer "bewussten Kampagne" geworden, sagte Solms unserer Redaktion.

In der Vorstandssitzung forderte der stellvertretende Berliner FDP-Landeschef Alexander Pokorny den Rücktritt von Parteichef Westerwelle, blieb mit dem Vorstoß aber alleine. Junge FDP-Politiker wie Gesundheitsminister Philipp Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und NRW-Chef Daniel Bahr stehen zu Westerwelle.

Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin mahnte zur Ruhe. "Es wird größere inhaltliche und personelle Veränderungen geben. Wir wollen aber nicht sofort überstürzt reagieren", sagte Koch-Mehrin unserer Redaktion. "Ich sehe derzeit keinen, der gegen Westerwelle antreten will."

Das FDP-Präsidium will am Montag in einer längeren Sitzung erneut über Konsequenzen beraten. Spätestens am 11. April soll das neue Führungsteam stehen.

In der CDU legte Stefan Mappus am Montag sein Amt als Landeschef nieder. Nachfolgerin soll Umweltministerin Tanja Gönner werden. Ihr steht ein Machtkampf gegen Fraktionschef Peter Hauk bevor. Im Bund blieb eine Revolte gegen Kanzlerin Angela Merkel aus. Nach dem Streit um den Bahnhofsneubau Stuttgart 21 und dem Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sei die Atomdebatte "ein Hindernis zu viel" gewesen, sagte Merkel in der Präsidiumssitzung.

(RP)
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