Streitgespräch von Habeck und Söder „Union hat offensichtlich das Rechnen verlernt“
Berlin · Der CSU-Vorsitzende Markus Söder und Grünen-Chef Robert Habeck haben Deutschland bescheinigt, die Corona-Pandemie gut bewältigt zu haben. Habeck kritisierte das Steuerkonzept von CDU und CSU als ungerecht.
„Unter dem Strich ist das gut gelaufen“, sagte Söder bei einem Streitgespräch mit Habeck, das am Samstagabend von „Spiegel“, „t-online“ und dem Magazin „Vice“ ausgestrahlt wurde. In diesem Fall seien die Grünen und die Union in der Gefahreinschätzung sehr nah beieinander gewesen. „Wir haben in dieser extremen Ausnahmesituation unser Land gut beschützt.“
Habeck wandte ein, dass der Blick für die Probleme der Schulen zu spät geschärft worden sei. Auch habe es sehr lange gedauert, bis zum Beispiel Masken beschafft worden seien oder die Impfkampagne im Schwung gekommen sei. Insgesamt machte er aber klar, dass er die wohlwollende Einschätzung des bayerischen Ministerpräsidenten teilt: „In der Gesamtsumme haben wir gesehen, dass die Vorgaben oder das Vorgehen der Regierung richtig waren.“
Alarmiert zeigte sich Söder über Radikalisierungstendenzen unter Impfgegnern und Corona-Leugnern. „Es macht mir Sorgen, dass ein Teil dieser ganzen Querdenker-Szene nicht nur übers Impfen redet, da geht es um einen anderen Staat, um eine andere Form von Demokratie“, sagte er. Teilweise handele es sich um Leute, die vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Die Drohungen, die er persönlich erhalte, seien „zum Teil sehr heftig“, auch rassistisch, antisemitisch. Es gebe irgendwann einen Punkt, da müssten Querdenker „im Zweifelsfall auch spüren, dass sich ein Staat das nicht gefallen lässt“.
Habeck kritisierte das Steuerkonzept von CDU und CSU als unrealistisch und ungerecht. „Ich mache mir Sorgen um die Union, weil sie offensichtlich das Rechnen verlernt hat“, sagte Habeck. Von den Steuerplänen der Union würden „die oberen zehn Prozent extrem profitieren, während alle anderen nur ein bisschen und die ganz unten gar nicht mehr profitieren“, sagte Habeck. „Bei uns ist es genau umgekehrt.“ Die Union sage zudem nicht, woher sie das Geld für die steuerlichen Entlastungen nehmen wolle. „Wo soll es denn herkommen, wenn die Steuern noch gesenkt werden? Und dann - und das schlägt dem Fass rein logisch schon den Boden aus - wollen sie noch die Schuldenbremse schneller einhalten“, sagte Habeck.
CSU-Chef Söder warnte hingegen mit Blick auf die Pläne der Grünen davor, dass mit neuen Schulden die Währung geschwächt und das Land destabilisiert werde. „Wer nicht aufpasst, kommt auf Dauer in diese griechische Spirale, die wir nur schwer im Euroraum stoppen konnten“, sagte Söder. „Uns geht es in erster Linie darum, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhalten.“
Er mache sich Sorgen, dass in Deutschland durch eine Erhöhung der Erbschaftsteuer und die von den Grünen geforderte Vermögensteuer viele mittelständische Unternehmen zum Aufgeben gezwungen würden.
Söder warf den Grünen vor, etwas zu versprechen, „ohne zu erklären, wer eigentlich das Geld verdienen soll. Das ist im Endeffekt die die mittelständische Wirtschaft. Denn die schafft Arbeitsplätze“, sagte der CSU-Chef. Durch moderate Steuersätze würden Anreize für Investitionen und unternehmerisches Engagement geschaffen. „Die Finanzierung kommt auf Dauer nicht durch höhere Steuersätze, sondern durch niedrige, weil man die Wirtschaft ankurbelt“, sagte Söder.