60 Spezialisten So trainiert die Bundeswehr für den Cyber-Krieg

Rheinbach · Experten sind sich einig: Kriege werden in der Zukunft nicht mehr nur durch Kugeln und Granaten gewonnen. Immer mehr rückt der Krieg mit Daten in den Fokus der Militärs. Auch in Deutschland.

Viren, Würmer und Trojaner – Gefahren im Netz
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Foto: ddp

Der Truppenübungsplatz der Zukunft sieht aus wie ein Klassenzimmer für Informatik. Von der Decke hängen ganze Bündel von Datenkabeln, fast 40 Flachbildschirme stehen auf den fünf Tischreihen. Ein Beamer hat einen virtuellen Kriegsschauplatz an die Wand geworfen. Auf dem Kontinent Azoria im Atlantik hat Rotland Blauland angegriffen und teilweise besetzt. Es geht um Rohstoffe.

Der UN-Sicherheitsrat genehmigt eine Intervention, der Bundestag stimmt der Beteiligung der Bundeswehr zu. Und die schickt schließlich die Abteilung Cyber-Attacke in den Krieg. Mit Hilfe von digitalen Werkzeugen mit Namen wie "John the Ripper", "hostenum" oder "chmod" dringen sie in das Intranet der rotländischen Streitkräfte ein und schalten die Luftabwehr aus. Der Krieg ist schon fast gewonnen. Die Übung ist erfolgreich abgeschlossen.

Wir befinden uns in einem unscheinbaren Gebäude der Tomburg-Kaserne in Rheinbach bei Bonn. Das Kommando Strategische Aufklärung (KSA) der Bundeswehr hat hier einen kleinen Trupp von Informatikern stationiert. Seit 2005 übt die 60 Mann starke Einheit mit dem Namen Computernetzwerkoperationen (CNO) für den Cyber-Krieg.
Ihre Aufgabe ist es, die Bundeswehr zu Angriffen über das Internet zu befähigen. Für die Verteidigung ist dagegen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zuständig, das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist.

Eine Anfangsfähigkeit zum Angriff hat die Bundeswehrtruppe bereits erreicht. Das heißt: Sie kann von der Operationsbasis in Deutschland aus theoretisch in fremde Netzwerke eindringen. Ihre Waffen sind im Internet frei verfügbare Werkzeuge. "Wir nutzen ganz normale, handelsübliche Ware", sagt einer der CNO-Soldaten. Was noch fehlt, sind geschützte Fahrzeuge für den mobilen Einsatz in Krisengebieten. Die sollen aber in spätestens drei Jahren auch vorhanden sein.

Für einen Einsatz der Computer-Krieger würden dann die gleichen Regeln gelten, wie für die Entsendung von Kampffliegern, Kriegsschiffen oder Bodentruppen. Der Bundestag müsste ein Mandat erteilen. Erst dann könnte eine Operation durchgeführt werden.

Nach Auffassung des KSA-Kommandeurs Jürgen Setzer wäre ein Einsatz seiner Truppe aber schon jetzt beispielsweise vom Afghanistan-Mandat gedeckt. In dem UN-Mandat, auf das sich der Bundestagsbeschluss stützt, seien "alle notwendigen Mittel" für den Einsatz erlaubt, sagt Setzer. "Ich sehe darin keinen Ausschluss."

Da aber Auftrag und Ausrüstung fehlen, beschränkt sich die CNO bisweilen auf das Training. Ganz unwahrscheinlich ist das Szenario, das im Rheinbacher Übungsraum an die Wand geworfen wird, aber nicht. 2007 bombardierte Israel einen angeblichen Atomreaktor im syrischen Al-Kibar. Zuvor soll über das Internet die syrische Luftabwehr ausgeschaltet worden sein.

(dpa/felt/das)
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