Bundesversammlung So funktioniert die Präsidenten-Wahl

Berlin · Die Bundesversammlung ist die größte parlamentarische Versammlung in Deutschland und hat nur eine Aufgabe: die Wahl eines Bundespräsidenten. Diesmal fällt sie coronabedingt nicht so glanzvoll aus wie sonst - warum der Sonntag dennoch ein wichtiger Tag ist.

  Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellt sich am Sonntag seiner Wiederwahl.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellt sich am Sonntag seiner Wiederwahl.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Kein Glanz und Glamour diesmal, dennoch ein bundespolitisches Großereignis: Pünktlich um 12.00 Uhr wird am Sonntag die Bundesversammlung zusammenkommen, um den nächsten Bundespräsidenten zu wählen. Aufgrund der Corona-Pandemie jedoch unter sehr strengen Auflagen.  So werden die insgesamt 1472 Mitglieder nicht im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes sondern in der Halle des Paul-Löbe-Hauses nebenan Platz finden. Der achtgeschossige Bau mit seinen rund 1000 Büros und 21 Sitzungssälen bietet mehr Platz. Die Mitglieder der Bundesversammlung werden dort auf mehreren Ebenen platziert - viele von ihnen werden daher den bisherigen und voraussichtlich neuen Bundespräsidenten nur auf dem Bildschirm und nicht persönlich zu sehen bekommen. Die Versammlung besteht aus den von den Volksvertretungen der 16 Bundesländer bestimmten 736 Delegierten und ebenso vielen Mitgliedern des Bundestages.

Um 12.00 Uhr eröffnet Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Bundesversammlung. Sie erläutert den Wahlleuten das Verfahren und nennt die Bewerber. Die Wahl ist geheim und beginnt  ohne vorherige Aussprache. Die Wahlleute werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und sollen dann ihre Stimme in die Urne werfen. Erst wenn alle Stimmen abgeben worden sind, beginnen die Schriftführer mit der Auszählung. Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht - also 737. Gelingt das nicht, gibt es einen zweiten Wahlgang.  Ab dem dritten Wahlgang gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier kann aber bereits im ersten Wahlgang mit der erforderlichen absoluten Mehrheit rechnen. Als Gegenkandidaten nominierte die Linkspartei den  Mainzer Mediziner Gerhard Trabert, die AfD den Ökonomen und Publizisten Max Otte und die Freien Wähler die Astrophysikerin Stefanie Gebauer. Alle drei gelten jedoch als chancenlos.Steinmeier unterstützen die Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP sowie die Unionsparteien. Nach Verkündung des Wahlergebnisses wird das Staatsoberhaupt eine kurze Ansprache halten - damit ist am Nachmittag zu rechnen. Zum Ende der Bundesversammlung wird dann die Nationalhymne erklingen.

Zu den von den Landtagen entsandten Personen, die nicht oder nicht mehr dem Landtag angehören, zählen in diesem Jahr mehrere ehemalige Ministerpräsidenten. Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehört ebenso zu dem Gremium wie Altbundestagspräsident Norbert Lammert. Außerdem Mediziner wie der Virologe Christian Drosten und die Biontech-Gründerin Özlem Türeci sowie etliche Pflegefachkräfte, Chemie-Nobelpreisträger Benjamin List und Astronaut Alexander Gerst. Unter den Prominenten aus dem Sport nehmen Fußballer wie Nationaltrainer Hansi Flick, SC-Freiburg-Coach Christian Streich oder Nationalspieler Leon Goretzka von Bayern München teil. Die Kultur wird vertreten etwa durch den Pianisten Igor Levit, die Schriftsteller Sasa Stanisic und Gaby Hauptmann, den Schlagersänger Roland Kaiser, die Schauspielerinnen Renan Demirkan und Sibel Kekilli sowie den Entertainer Bernd Stelter.

Die Steinmeier-Unterstützer vereinen mehr als 1200 Stimmen auf sich: CDU/CSU haben 445 Wahlmänner und -frauen in der Bundesversammlung, die SPD 391, die Grünen 233 und die FDP 154. Die AfD stellt 151 Mitglieder, die Linke 71. 18 Mitglieder entsenden die Freien Wähler in die Bundesversammlung, zwei der Südschleswigsche Wählerverband. Sieben Mitglieder sind fraktionslos.

Höchstwahrscheinlich also kann Bundespräsident Steinmeier seine zweite Amtszeit antreten. Dass das Staatsoberhaupt zwei Amtszeiten absolviert, ist eher die Ausnahme. Mit Theodor Heuss, Heinrich Lübke und Richard von Weizsäcker standen bisher nur drei Bundespräsidenten zehn Jahre an der Spitze des Staates. Horst Köhler trat während der zweiten Amtszeit zurück.

(mün)
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