Afghanistan-Einsatz Sind deutsche Soldaten in großer Gefahr?

Berlin (RPO). Deutsche Soldaten sind bei ihrem Einsatz in Afghanistan einem Zeitungsbericht zufolge offenbar in größerer Gefahr, als Bundeswehr und Verteidigungsministerium bislang zugegeben haben. Weitere Attentate seien wahrscheinlich. Das geht aus internen Bundeswehr-Dokumenten hervor.

Trauerfeier für drei gefallene Bundeswehrsoldaten
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Die Sicherheitslage in Nordafghanistan ist demnach weitaus dramatischer als bislang dargestellt. Ein "Anstieg" von Anschlägen der Taliban auf deutsche Soldaten gelte als "wahrscheinlich", zitierte die "Bild"-Zeitung am Donnerstag aus geheimen Bundeswehr-Dokumenten. Ein Ministeriumssprecher in Berlin sagte, dazu lägen ihm keine Erkenntnisse vor.

Im Einsatzgebiet der Bundeswehr seien die radikalislamischen Taliban "unverändert im Raum vorhanden", hieß es in den Dokumenten der Bundeswehr demnach weiter. Die Hauptbedrohung werde dabei vermutlich von versteckten selbstgebauten Sprengsätzen ausgehen.

Experten erwarten neue Dimension der Anschläge

Am 28. Mai waren bei einem Sprengstoffanschlag im Gouverneurspalast von Talokan in der Provinz Tachar zwei Bundeswehrsoldaten getötet worden. Sechs deutsche Soldaten wurden verletzt, unter ihnen der Kommandeur des Regionalkommandos Nord der Isaf-Truppe, General Markus Kneip.

Bei einem Anschlag auf einen Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr kam dann am 2. Juni in der Provinz Baghlan ein Bundeswehrsoldat ums Leben, fünf seiner Kameraden wurden verletzt. Baghlan grenzt im Süden an die Provinz Kundus, dem Standort der Bundeswehr.

Nach dem Anschlag vom 2. Juni hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière gesagt, die Strategie der Bundeswehr in Afghanistan sei richtig, da gerade im Norden Afghanistans die Taliban an Boden verlieren würden. Den Islamisten bleibe deswegen nur noch "das besonders perfide Mittel von Terror und Sprengstoffanschlägen".

Experten der Bundeswehr sagten hingegen der Zeitung, die Taliban hätten lediglich ihre Strategie geändert; mit Blick auf die Zerstörung des Marder-Panzers erwarteten sie eine "völlig neue Dimension" der Anschläge.

Die Ermittler der Nato-Truppe Isaf gehen dem Bericht zufolge außerdem davon aus, dass der afghanische Geheimdienst NDS offenbar von dem Anschlag am 2. Juni wusste. In geheimen Isaf-Berichten heißt es demnach, alles deute darauf hin, dass "höhere Dienststellen des NDS" wider besseres Wissen die Deutschen nicht warnten. Die Soldaten im Hauptquartier der Bundeswehr in Masar-i-Scharif seien daher von den afghanischen Geheimdienstmitarbeitern "enttäuscht", sagte ein Beteiligter der Zeitung.

Vor dem Anschlag vom 28. Mai in Talokan soll es demnach aber eine Warnung gegeben haben. Nach "Bild"-Informationen wurde Kneip vorher informiert, es sei "innerhalb der nächsten 24 bis 48 Stunden ein Anschlag auf hohe Würdenträger in Talokan" geplant. Der General nahm jedoch trotzdem an dem Treffen im Gouverneurspalast teil.

Verteidigungsministerium dementiert

Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte, er habe "keine Erkenntnisse", dass Kneip eine Anschlagswarnung vorlag. Zudem gebe es bei hohen Würdenträgern stets eine "latente Bedrohung". Zum mutmaßlichen Erstarken der Taliban im Einsatzgebiet der Bundeswehr sagte der Sprecher, dazu lägen ihm "keine Erkenntnisse vor".

(AFP/pes-)
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