Harsche Worte vom Vizekanzler Gabriel warnt vor "Volksverdummung" nach Europawahl

"Volksverdummung" und "Zerstören der Europäischen Demokratie": Mit harschen Worten warnt Vizekanzler Gabriel vor Hinterzimmer-Deals nach der Europawahl am 25. Mai. Eine Mahnung auch an die Bundeskanzlerin?

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Foto: dpa, Patrick Seeger

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die EU-Staats- und Regierungschefs vor Kungeleien bei der Bestimmung des nächsten EU-Kommissionspräsidenten nach der Europawahl gewarnt. "Am Ende wird das Europäische Parlament das letzte Wort haben", sagte er am Montag bei einem Auftritt mit Spitzenkandidat Martin Schulz in Berlin. Man könne nicht erstmals europäische Spitzenkandidaten aufstellen und dann den Wählerwillen umgehen.

Gabriel warnte vor der "größten Volksverdummungsaktion in der Geschichte der europäischen Bürger". Nach jetzigem Ermessen werde entweder Schulz nächster Kommissionspräsident oder der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, Luxemburgs früherer Premier Jean-Claude Juncker.

"Wer das nach dem 25. Mai versucht, wird die europäische Demokratie auf lange Zeit zerstören", sagte der Vizekanzler mit Blick auf mögliche Hinterzimmer-Absprachen der Staats- und Regierungschefs.
"Ich kann nur jeden davor warnen, das überhaupt zu probieren. Dann können wir die nächste Europawahl absagen." Mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gebe es aber über ihr Verhalten bisher keine Absprachen.

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Auf die Frage, ob bei einer Umgehung des Wählerwillens die große Koalition gefährdet sei, betonte Gabriel, Merkel sei klug genug zu wissen, dass man eine Mehrheit im Parlament brauche. "Der, der im Parlament eine Mehrheit bekommt, soll Kommissionspräsident werden." Er höre aus "Kreisen des Europäischen Rates", dass es dort Überlegungen gebe, am Ende einen anderen Kandidaten durchzusetzen.

Schulz stellte sein Programm für den Fall vor, dass er den Posten bekommt: So will er einen Fokus auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Europa legen und Steuervermeidungsstrategien von Konzernen wie Google oder Amazon bekämpfen. Allein öffentlichen Haushalten in Deutschland entgingen 150 Milliarden Euro im Jahr durch Steuerbetrug und Steuerdumping. In dem Land, wo die Umsätze erzielt werden, müssten auch die Steuern gezahlt werden. Zudem müssten die Banken stärker reguliert und eine Finanztransaktionssteuer schnellstmöglich eingeführt werden. Unternehmen, die ihren Sitz in Steueroasen haben, sollen sich nicht mehr an europäischen Ausschreibungen beteiligen können.

Schulz rief dazu auf, wählen zu gehen: "Erstmals können die Bürger direkten Einfluss auf die Wahl des Kommissionspräsidenten nehmen", sagte er mit Blick auf die Neuerung durch den EU-Vertrag von Lissabon.

(dpa)
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