Saudi-Arabien-Reise des Vize-Kanzlers Sigmar Gabriel soll bei den Scheichs Klartext reden

Berlin · Der Fall des in Saudi-Arabien zu tausend Stockschlägen verurteilten Bloggers Raif Badawi machte einmal mehr deutlich: Saudi-Arabien legt auf Menschenrechte keinen Wert. Wirtschaftsminister Gabriel fährt jetzt hin – mit einem Haufen guter Ratschläge im Gepäck.

Das ist Sigmar Gabriel
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Der Fall des in Saudi-Arabien zu tausend Stockschlägen verurteilten Bloggers Raif Badawi machte einmal mehr deutlich: Saudi-Arabien legt auf Menschenrechte keinen Wert. Wirtschaftsminister Gabriel fährt jetzt hin — mit einem Haufen guter Ratschläge im Gepäck.

Die Bundestagsopposition und Amnesty International verlangen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei seinem bevorstehenden Besuch in Saudi-Arabien Klartext zum Thema Menschenrechte. Er müsse "unmissverständlich die schwierige Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ansprechen", forderte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter in der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). Die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das Schicksal des verurteilten Bloggers Raif Badawi: "Gabriel muss sich in Riad mehr trauen, weil sich der Fall Badawi zugespitzt hat."

Gabriel besucht von Samstag an zunächst Saudi-Arabien, dann die Vereinigten Arabischen Emirate und schließlich Katar.

Seit beinahe einem Jahr in Haft

Der Blogger Badawi war im Mai 2014 zu zehn Jahren Haft, 1000 Stockschlägen und einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in einem Internetforum den Islam beleidigt haben soll. Badawis Verfahren wurde nach Amnesty-Informationen nun an ein Strafgericht in Dschidda zurückverwiesen. Dort drohe ihm eine neue Anklage wegen Abfalls vom Glauben - darauf stehe in dem islamisch-konservativen Königreich die Todesstrafe, sagte Caliskan. "Zuständig ist der gleiche Richter, der ihn schon zweimal wegen dieses Delikts anklagen wollte. Das ist eine Katastrophe." Auch Badawis Ehefrau Ensaf, die in Kanada lebt, hat Gabriel um Hilfe gebeten.

Hofreiter sagte: "Wirtschaftsinteressen dürfen auf keinen Fall vor Menschenrechte gestellt werden. Saudi-Arabien ist kein Stabilitätsanker, sondern eine hochproblematischer Akteur in der Region." Er forderte die Regierung auf, Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien endgültig einzustellen.

Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Dass der Bundessicherheitsrat zuletzt Entscheidungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien verschoben hat, sollte Herr Gabriel in Riad auch mit der dortigen Menschenrechtslage begründen." Es gehe darum, den Golfstaaten deutlich zu machen, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen schwieriger gestalten, "wenn sich die Dinge nicht ändern".

Vollstreckung der Todesstrafe ist üblich

Der SPD-Chef hatte in dieser Woche in Berlin das saudische Königshaus in Anwesenheit des Ölministers Ali al-Naimi an die Einhaltung von Menschenrechten erinnert - ohne den Fall Badawi direkt zu erwähnen.

Bei Todesstrafen und vollstreckten Hinrichtungen liegt Saudi-Arabien nach Amnesty-Angaben hinter China, Iran und Irak weltweit auf Platz vier. 2014 seien mindestens 76 Menschen hingerichtet worden, im laufenden Jahr bereits 38 - teilweise durch öffentliche Enthauptungen. Bisher habe der neue König Salman keine Milde erkennen lassen: "Wir hätten eine Amnestie für alle, nicht nur für normale Kriminelle, sondern auch für Regimekritiker erwartet. Das ist nicht passiert."

Caliskan kritisierte die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung und des Westens, die Saudi-Arabien, Katar und andere für den Anti-Terror-Kampf aufgerüstet haben und enge Wirtschaftsbeziehungen mit Riad pflegen. "Ich finde es unverantwortlich, Menschenrechtsverletzer zu unterstützen, weil dadurch wieder neue Gewaltakteure geboren werden", sagte sie.

Sie forderte die über 80 Unternehmer, die Gabriel nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate begleiten, auf, nicht wegzuschauen und bei Verträgen auf die Einhaltung von Menschenrechten und Mindeststandards für Arbeiter zu pochen. Viele Konzerne sollten um ihr Image besorgt sein: "Unternehmen müssen sich kritisch hinterfragen, ob ihr Engagement am Golf bedeuten kann, dass sie sich selber an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen."

(dpa)
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