"Volkswirtschaflich unsinnig" Gegenwind aus der SPD für Gabriels Energie-Reformpläne

Berlin · Viel Kritik an Sigmar Gabriels Plänen: Kiel kritisiert die Ökostrom-Kürzung und lehnt Hilfe für Kohle-Kraftwerke ab. Die Bahn droht derweil mit höheren Ticket-Preisen.

Sigmar Gabriel: Gegenwind aus der SPD für Energie-Reformpläne
Foto: dpa, Marc Tirl

Die Pläne von Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Reform der Ökostrom-Förderung stoßen vor allem in rot-grün-regierten Ländern auf Widerstand. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bezeichnete Gabriels Pläne zur Deckelung des Windenergie-Ausbaus in einem Positionspapier als "volkswirtschaflich unsinnig". Die Windenergie an Land sei die kostengünstigste erneuerbare Energiequelle, sie dürfe nicht ausgebremst werden. Schleswig-Holstein erhält, vor allem wegen seiner Windräder, pro Jahr 400 Millionen Euro mehr an Ökostrom-Förderung, als die Verbraucher in dem Küstenland zahlen.

Zugleich lehnte Albig Subventionen für Gas- und Kohle-Kraftwerken ab, die Geld allein für die Bereitstellung von Kapazität wollen. "Ein umfassender Kapazitätsmarkt ist nicht erforderlich", heißt es in Albigs fünf Seiten langem Anti-Papier zu Gabriel. Allenfalls sollte es einen Ausgleich geben, um regionalen Versorgungsengpässen zu begegnen. Seine Parteifreunde in NRW, allen voran Wirtschaftsminister Garrelt Duin, fordern dagegen Hilfe für konventionelle Kraftwerke. Duin wollte sich gestern nicht äußern.

NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) erklärte, sein Land könne keinem Konzept zustimmen, das die erneuerbaren Energien ausbremse und den Verbrauch mit neuen Dauersubventionen "für alte, schmutzige und klimaschädliche Kraftwerke" stark belaste.

Gabriel hatte jüngst ein mit dem Kanzleramt abgestimmtes Eckpunktepapier zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt. Demnach soll der Ausbau der Öko-Energien ab 2015 eng begrenzt werden, um den Kostenanstieg zu bremsen. Über die Kritik Einzelner sei er nicht erschrocken, sagte Gabriel gestern. Er habe das Gemeinwohl im Blick. "Der Vorschlag geht in die richtige Richtung. Aber wir müssen noch mehr kürzen bei der Förderung von Windrädern an Land", sagte der Chef des Parlamentskreises Mittelstand der Union, Christian von Stetten.

"Die Kosten werden weiter explodieren"

Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk, übte dagegen Kritik. "Die Kosten für die Energiewende werden weiter explodieren, die Maßnahmen führen nicht aus der Subventionsfalle." Auch die Deutsche Bahn reagierte ablehnend. Sie soll nach Gabriels Plänen künftig einen deutlich höheren Beitrag zur Ökostromförderung leisten als bisher. "Generell ist für uns entscheidend, dass die Schiene als umweltfreundlicher Verkehrsträger nicht in ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt wird", sagte ein Bahn-Sprecher. Die Bahn war bislang von der EEG-Umlage weitgehend befreit. Durch ihre Einbeziehung dürften die Ticketpreise für Reisende teurer werden.

Die energieintensive Industrie interessiert vor allem, wie das von der EU-Kommission eingeleitete Beihilfe-Verfahren ausgeht. Berlin schickte gestern eine Antwort nach Brüssel. Darin erklärt die Bundesregierung ausführlich, warum sie die Ökostrom-Rabatte für die energie-intensive Industrie nicht für unerlaubte Beihilfen hält. Das sieht EU-Wettbewerbskommissar Almunia anders. Die Kommission muss nun eine Entscheidung treffen. Dafür gibt es keine feste Frist. Aber Brüssel soll Berlin eine Klärung bis zum Sommer zugesagt haben, zumal im Herbst die Amtszeit von Almunia endet. Schlimmstenfalls kann Brüssel Millionen-Nachzahlungen von den Konzernen verlangen.

(mar)
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