Senator will Erneuerung Berliner Polizeichef Klaus Kandt rausgeworfen

Berlin · Berlins Polizeichef Klaus Kandt ist vom SPD-Innensenator in den Ruhestand geschickt worden. Ins Amt geholt wurde er noch von der CDU, doch das spielte angeblich keine Rolle. Wird nun alles besser?

 Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt.

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt.

Foto: dpa

In dieser Woche wollte Berlins Polizeichef seine Erfolge im Kampf gegen die Kriminalität präsentieren. Doch daraus wird nichts. Gleich am Montagmorgen musste Klaus Kandt mit sofortiger Wirkung seinen Stuhl räumen.

Für den 57-Jährigen kommt das Aus nach rund fünf Jahren im Amt völlig überraschend, wie er sagt. Für seinen Chef, Innensenator Andreas Geisel, nicht. Der SPD-Politiker sagt auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz: "Die Polizei Berlin braucht eine Erneuerung."

Zuletzt stand die Berliner Polizei öfter in der Kritik. Immer wieder neue Ermittlungspannen kamen nach dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz vom Dezember 2016 mit zwölf Todesopfern ans Licht. Sie werden noch immer aufgearbeitet - in internen Berichten und einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Über Wochen gab es negative Schlagzeilen um die Polizeiakademie mit angeblichen Missständen. Die Rede war von Disziplinlosigkeit, Lernverweigerung und Aggression in einer Klasse mit vielen Schülern aus Einwandererfamilien.

Die ebenfalls behauptete Unterwanderung der Akademie durch kriminelle Clans hatten sowohl Geisel als auch Kandt kategorisch bestritten. Auch hier soll ein neuer Leiter eingesetzt werden. Zudem fielen Beamte aus der Hauptstadt beim G20 Gipfel mit einer Feier auf, von "Party-Polizisten" war die Rede. Berge von Überstunden, hoher Krankenstand, frustrierte Kollegen - auch das war immer wieder Thema.

Ein offenes Kapitel sind überdies vermutlich mit Schadstoffen belastete Schießstände. In dem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Kandt und die bisherige Vizepräsidentin Margarete Koppers. Erst vor kurzem hat die Innenverwaltung eine Initiative für die Entschädigung kranker Polizisten angekündigt.

Nun hat Geisel die seltene Gelegenheit beim Schopf gepackt, die Führung der Polizei mit etwa 22.000 Mitarbeitern neu zu besetzen. Koppers wird zum 1. März neue Generalstaatsanwältin und ihr Posten damit frei. Die neue Doppelspitze solle die Erneuerung glaubwürdig verkörpern, betont der SPD-Politiker. Es solle kein Vakuum entstehen, weil der neue Chef schon in den nächsten Wochen berufen werde. Einen Kandidaten hat Geisel nach eigener Aussage bereits. Wissen von außen werde mit einbezogen, ebenso wie Erfahrung in der Behörde.

Die Aufgaben seien vielfältig - Kampf gegen Alltagskriminalität ebenso wie Abwehr des islamistischen Terrors und die Ausbildung von Nachwuchs. Nach vorn schauen, nicht mehr rückwärts, sagt Geisel fast beschwörend. Dieses Vertrauen in Erneuerung habe er in Kandt nicht mehr gehabt. Der Schritt dürfte seinen Ruf als pragmatischer und entscheidungsstarker Politiker in der rot-rot-grünen Koalition weiter festigen.

Kandt war Ende 2012 von seinem Parteifreund Frank Henkel (CDU) ins Amt geholt worden. Bei der jetzt oppositionellen CDU fällt die Reaktion denn auch drastisch aus. Von einer "Enthauptung" der Polizeibehörde ist die Rede. Einer der profiliertesten Kenner der inneren Sicherheit werde geschasst, hieß es. Senator Geisel weist indes parteipolitische Überlegungen weit von sich.

Kandt, der anfangs als erfahrener Behördenleiter galt, hat einige Neuerungen durchgesetzt. So wurde in seiner Amtszeit die Fahrradstaffel eingeführt und die Präsentation der Behörde in den sozialen Netzwerken ausgebaut. Doch es war auch zu hören, dass er zu oft nur reagiere - und dann nach außen zögerlich.

In einer Abschieds-Mail an die Polizisten schreiben Kandt und Koppers: "Es war uns eine Ehre, in dieser Polizei über einen so langen Zeitraum Führungsverantwortung tragen zu dürfen. (...) Bleiben Sie aufrecht, bleiben Sie kritisch."

(dpa)
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