Staatsakt für Johannes Rau "Seine Wärme fehlt uns"

Düsseldorf (rpo). In der Landeshauptstadt Düsseldorf haben über 1.000 Trauergäste in einem bewegenden Staatsakt Abschied genommen vom verstorbenen Alt-Bundespräsidenten und langjährigen NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau. Zur Trauerfeier von Landesregierung und Landtag in der Tonhalle kamen neben Raus Witwe Christina und Sohn Philipp, Politiker aus Bund und Land sowie Kirchenvertreter. Rau war am 27. Januar im Alter von 75 Jahren verstorben.

Johannes Rau - Stationen seines Lebens
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Foto: ap

Als die letzten Takte von Mendelssohn Bartholdys fünfter Symphonie verklungen waren, spendete Christina Rau spontan Applaus. Erst zögernd, dann immer stärker stimmten die über 1.000 Trauergäste in der Düsseldorfer Tonhalle ein und zollten den Symphonikern für ihre behutsame Interpretation des Werks Respekt - eine schöne Geste von Johannes Raus Witwe, die dem verstorbenen Bundespräsidenten und langjährigen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten sicher gefallen hätte.

Christina Rau war mit Sohn Philipp zu dem bewegenden Staatsakt am Freitag gekommen, mit dem NRW Abschied von Johannes Rau nahm. Unter den rund 1.200 Gästen gab es viel politische und wirtschaftliche Prominenz aus Bund und Land, aber auch Menschen, denen Rau in besonders schweren Stunden beigestanden hatten - so Angehörige der türkischen Familie Genc, die 1993 in Solingen Opfer eines Brandanschlags von Rechtsextremen geworden war, bei dem fünf türkische Mädchen und Frauen ums Leben gekommen waren.

Es waren bittere Stunden wie diese, die Rau in seiner Zeit als Landesvater auf die Probe stellten und die Landespolitiker am Freitag noch einmal an den besonderen politischen Stil Raus erinnern ließen: "Phasen des Zweifels und der Zerrissenheit" wie nach Solingen habe er mit seinem "festen Glauben" durchgestanden, sagte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) in seiner Würdigung. "Johannes Rau war ein warmherziger Politiker. Nun, da er von uns gegangen ist, spüren wir: Seine Wärme fehlt uns."

Raus Glauben und Bibelfestigkeit in Zeiten einer um Glaubwürdigkeit ringenden Politik, die ihm bei den Menschen viel Anerkennung brachten, zollte auch sein langjähriger Weggefährte, Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD), Respekt: "Ich habe ihn nie frömmelnd erlebt, aber dass er glaubte und dass ihm dies Kraft gab, das versteckte er nicht. Man trifft nicht viele in der Politik, die da so eindeutig sind."

Wie Rau in seiner Arbeit das SPD-Motto von der "Schutzmacht der kleinen Leute" umsetzte, daran erinnerte Landtagspräsidentin Regina van Dinther (CDU) mit Äußerungen des 1998 verstorbenen Umweltministers unter Rau, Klaus Matthiesen: Dass erstes Thema einer Kabinettsitzung schon mal der Brief einer besorgten Mutter gewesen sei, die für ihren behinderten Sohn keinen Kindergartenplatz bekommen habe. "Ursprung für sein hohes Ansehen" sei gewesen, dass Rau die "persönlichen Nöte" der "kleinen Leute" nie vergessen habe.

Den größten Teil der Geschichte Nordrhein-Westfalens hat Rau politisch mit geprägt. Über 40 Jahre war er Mitglied des Landtags und damit dienstältester Landtagsabgeordneter, 20 Jahre lang war er Ministerpräsident und begleitete schwierige Umbrüche wie den Strukturwandel im Ruhrgebiet.

So habe er das Land "wie kein Zweiter geprägt", betonte van Dinther - und schickte noch eine kleine Bilanz hinterher: "Er liebte die parlamentarische Auseinandersetzung. 923 Reden im Landtag belegen dies eindrucksvoll."

(afp)
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