Steuer-Zwist zwischen CDU und CSU Seehofer unterstellt Merkel böse Absicht

Berlin (RPO). Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in diesen Wochen wahrlich nicht zu beneiden. Denn kurz vor dem wahrscheinlich endgültigen Showdown in Sachen Euro kocht der Streit um Steuersenkungen nun wieder hoch. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer scheint so verstimmt wie lange nicht mehr. Der Kanzlerin unterstellt er böse Absicht. Das Thema Steuersenkung verkommt indes zum Treppenwitz von Merkels Kanzlerschaft.

 Fühlt sich mit Absicht übergangen: Horst Seehofer.

Fühlt sich mit Absicht übergangen: Horst Seehofer.

Foto: dapd, dapd

Der sogenannte Steuervorstoß von Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist längst im Sande verlaufen. Konkrete Zahlen, um wieviel der deutsche Steuerzahler entlastet werden soll, wird es vorläufig nicht geben. Und dennoch hat der gemeinsame Auftritt aus der vergangenen Woche weitreichende Folgen. Denn zwischen Berlin und München wurde deutlich mehr Porzellan zerschlagen als noch am Wochenende zu vermuten war.

 Will ran an den Soli: Rainer Brüderle.

Will ran an den Soli: Rainer Brüderle.

Foto: dapd, dapd

"Und das war grob falsch"

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, hält Seehofer der CDU-Chefin und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vor, ihn und seine Partei bei der Präsentation der Steuerpläne bewusst übergangen zu haben. "Das war keine Panne", sagte Seehofer dem Blatt. "Die Bayern werden das schon schlucken - das war das Kalkül. Und das war grob falsch."

Aus Seehofers Sicht habe es "überhaupt keinen vernünftigen Grund gegeben, am Tag vor dem Koalitionsausschuss gegen den erklärten Willen eines Koalitionspartners ein Steuerreformkonzept in der Öffentlichkeit zu präsentieren", ereiferte sich Seehofer weiter. Dennoch sei die Pressekonferenz nicht abgesagt worden. Der CSU-Chef kritisierte, das Kanzleramt habe damit "das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern völlig unnötig schwer belastet".

Markige Worte. Was war passiert? Schäuble und Rösler hatten am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz Pläne für eine Steuerreform vorgestellt, mit der durch eine Abschwächung der kalten Progression (Steuern fressen kleine Lohnerhöhungen) ein Entlastungsvolumen zwischen sechs und sieben Milliarden Euro erzielt werden soll. Seehofer war über den Termin informiert, hatte aber deutlich widersprochen. Ohne erkennbare Wirkung.

Sitzung ohne Ergebnis

Die Koalitionsspitzen, die am Freitagabend im Kanzleramt eigentlich über wichtige Projekte für die verbleibende Legislaturperiode beraten wollten, hatten sich nach mehrstündiger Sitzung ohne nennenswerte Ergebnisse vertagt. Am 6. November soll nun bei einem Gipfel unter anderem erneut über die Steuerentlastung beraten werden, bis dahin sollen mehrere Modelle durchgerechnet werden.

Dann soll auch erneut über geplante Milliardeninvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur und Änderungen bei den Zuwanderungsregeln gesprochen werden. Auch die Steuersenkung soll erneut auf die Tagesordnung, bis dahin sollen mehrere Modelle geprüft werden. Rösler sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die Koalition habe am Freitag "das eindeutige Signal gesetzt, die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten". Am 6. November gehe es dann um konkrete Beschlüsse.

Steuerpolitik weiter unklar

Der Weg zu einer Steuersenkung ist nun weiter offen: Aus CSU-Kreisen verlautete, angesichts des Widerstands gegen Einkommenssteuersenkungen auch in unionsgeführten Ländern komme nur eine Absenkung über eine Abschmelzung des Solidaritätsbeitrags in Frage. Brüderle zeigte sich im "Handelsblatt" offen für eine Absenkung des "Soli". Wichtig sei, dass mehr im Geldbeutel der Bürger bleibe.

Widerspruch lässt nicht lange auf sich warten. Der Finanzminister erteilte Änderungen bei dieser Bundessteuer nämlich prompt eine Absage. Der Minister stehe weiter für sein Modell, das Änderungen bei der kalten Progression vorsehe, sagte sein Sprecher der "taz".

Die Opposition schlägt indes vetraute Töne an: Die Koalition habe ihren Vorrat an politischen Gemeinsamkeiten aufgebraucht, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis einer der Partner dies endlich ausspricht und die Koalition beendet." Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf Schwarz-Gelb vor, ohne Richtung und Ziel "vor sich hinzuwurschteln". Wenigstens in den Phrasen der Opposition findet Merkel dieser Tage etwas Beständiges.

(AFP/DAPD/AFP/RTR/csi)
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