Vor CSU-Winterklausur in Kreuth Seehofer macht Merkel "vergiftetes Lob"

Berlin (RPO). Die Inszenierung folgt einem festen Drehbuch. Wenn sich die CSU-Landesgruppe am Mittwoch zu ihrer traditionellen Winterklausur in Kreuth trifft, will sich Parteichef Horst Seehofer als starker Mann präsentieren, der die Große Koalition in Berlin vor sich hertreibt und die CSU zu neuer Größe führt. Und Kanzlerin Merkel muss ein "vergiftetes Lob" lächelnd ertragen.

Horst Seehofer im Profil
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Eine Kostprobe zu seinem geplanten Paforceritt in Kreuth gab er bereits am Montag, als er sich nach dem Beratungen der Unionsspitzen über ein zweites Konjunkturpaket in aller Bescheidenheit als Sieger im Streit über Steuersenkungen präsentierte. Die Spitzen von CDU und CSU seien sich am Sonntagabend im Kanzleramt "in allen Punkten einig geworden", freute sich Seehofer, und wenn nun auch die SPD mitspiele, laufe dies auf eine "sehr kräftige Entlastung" der Bürger hinaus.

Dass dies aus seiner Sicht vor allem der CSU zu verdanken ist, musste Seehofer gar nicht extra erwähnen. Im Gegenteil: Wer Erfolg hat, kann auch großzügig sein. So lobte Seehofer Kanzlerin Angela Merkel als "größtes Pfund" der Union. "Sie ist sehr sehr gut. Und das ist unser stärkster Trumpf, den wir haben für den 7. Juni und für Ende September", sagte Seehofer am Montag in Berlin.

Gleichwohl müsse die Union darauf achten, wer welche Politikbereiche abdecke. "Das ist doch das Selbstverständlichste auf der Welt." Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident hatte zuletzt wiederholt gefordert, CDU und CSU müssten sich personell und inhaltlich breiter aufstellen, was allgemein auch als Kritik an Merkels Personalpolitik verstanden wurde.

Außerdem rief Seehofer die FDP zum Wunschpartner nach der Bundestagswahl aus und feuerte die eigene Mannschaft an: "So wie die Truppe in Schwung gekommen ist, werden wir sehr furiose Wahlkämpfe in 2009 führen!"

Tiefe Verunsicherung

Doch ob das Stück tatsächlich zum Heldenepos taugt, ist noch längst nicht ausgemacht. Die CDU ist der CSU in dem Streit um Steuersenkungen zwar entgegengekommen, die geplante Anhebung des Grundfreibetrages und die Abflachung des Einkommensteuertarifs bleibt aber spürbar hinter den Vorstellungen der CSU zurück. Von einer Senkung des Eingangssteuersatzes etwa war am Montag keine Rede mehr.

Aber auch wenn sich die CSU am Ende in der Koalition durchsetzen sollte, ist fraglich, ob das ausreicht, um die Partei nach ihrem rabenschwarzen Jahr 2008 zu stabilisieren. Allen verbalen Muskelspielen zum Trotz ist die CSU nach dem Verlust der absoluten Mehrheit immer noch tief verunsichert.

Das gilt insbesondere für die Landesgruppe, für die der Spagat zwischen den verschiedenen Koalitionspartnern in München und Berlin besonders schwierig ist. Die FDP lässt keine Gelegenheit aus, ihren neuen bayerischen Koalitionspartner in Berlin vorzuführen, wie es zuletzt bei der Erbschaftsteuer zu besichtigen war, der die CSU im Bundesrat auf Verlangen der FDP die Zustimmung verweigern musste.

Streicheleinheiten für Ramsauer

Seehofer kennt die Stärken und die Schwächen der Landesgruppe nach fast 30 Jahren im Bundestag nur zu genau. Er weiß, im Superwahljahr 2009 wird sich entscheiden, ob die Partei noch einmal zur alten Stärke zurückfindet oder endgültig zur Regionalpartei wird. Umso lauter muss der bayerische Löwe in Berlin jetzt brüllen, und zwar am besten im Rudel.

Eine zentrale Rolle kommt dabei CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer zu, der zuletzt aber spürbar unter Druck geraten ist. Erst kassierte er bei seiner Wahl zum stellvertretenden Parteichef einen Denkzettel, dann warf Seehofer den Berliner CSU-Granden Ramsauer und Michael Glos wechselweise vor, in Berlin zu wenig Durchschlagskraft zu entfalten oder zu kraftmeierisch aufzutreten.

Festgemacht hat sich der Konflikt inzwischen an der Debatte über die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl, die Seehofer anders als die früheren CSU-Chefs nicht selbst übernehmen will. Wer die Liste stattdessen anführen soll, hat er aber bislang offengelassen, was einem Affront gegen Ramsauer gleichkommt.

Am Montag nun, zwei Tage vor Beginn der Kreuther Klausur, sandte Seehofers, Seite an Seite mit Ramsauer, erste Friedenssignale aus. Die Debatte sei doch "abstrus", der Landesgruppenchef sei "völlig unangefochten", versicherte der Parteichef. Alles Weitere werde man besprechen und zum richtigen Zeitpunkt mitteilen. "Da werden Sie dann alle eingeladen", grinste Ramsauer. Die Klausurtagung in Kreuth wäre eine günstige Gelegenheit dafür.

(AP)
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