SPD-Politiker unter Verdacht Edathy weist Kinderporno-Vorwürfe zurück

Rehburg · Die Polizei hat die Wohnung und die Büroräume des zurückgetretenen SPD-Innenpolitikers Sebastian Edathy in Niedersachsen durchsucht. Laut Medienberichten wird gegen Edathy wegen des Verdachts auf Kinderpornografie ermittelt. Der Politiker weist die Vorwürfe entschieden zurück.

 Sebastian Edathy hatte am Wochenende bekannt gegeben, dass er sich aus dem Bundestag zurückzieht.

Sebastian Edathy hatte am Wochenende bekannt gegeben, dass er sich aus dem Bundestag zurückzieht.

Foto: dpa, pil axs fpt hpl

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat die Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy bestätigt, will sich aber nicht weiter äußern. "Zum Hintergrund der Ermittlungen kann ich derzeit nichts sagen. Ich gebe keine weiteren Stellungnahmen im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen ab", sagte Behördensprecherin Kathrin Söfker am Dienstag. Es sei auch keine Pressekonferenz geplant.

In Edathys Wahlkreisbüro war am Dienstagmorgen niemand zu erreichen. Als erstes hatte die Nienburger Zeitung "Die Harke" über die Durchsuchungen berichtet.

Politiker kündigt rechtliche Schritte an

Der Politiker kündigte rechtliche Schritte an, weil die Lokalzeitung "Die Harke" mit einem ihrer Reporter vor Ort war, als seine Wohnung durchsucht wurde. Das Blatt hatte danach unter anderem auch ein Foto veröffentlicht, das aus nächster Nähe durch ein Fenster seiner Wohnung aufgenommen worden war und dabei die Einrichtung sowie Personen zeigte.

Kritik an der Veröffentlichungspraxis der Zeitung kam auch vom niedersächsischen Landesverband des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV). Fotos, die durch Fenster aufgenommen worden seien, seien "presserechtlich problematisch", teilte dieser über den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter am Dienstag mit.

Die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) bezeichnete die Veröffentlichung des Fotos in ihrem Twitter-Account als "unsäglich". Zudem schrieb sie am Dienstag: "Es gilt die Unschuldsvermutung."

Rückzug aus dem Bundestag

Edathy hatte am Wochenende seinen Rückzug aus dem Bundestag bekanntgegeben und gesundheitliche Gründe für diesen Schritt genannt.

Am Montag waren die Wohnung Edathys in Rehburg am Steinhuder Meer und Büroräume in Nienburg und Stadthagen durchsucht worden. Dabei sei Beweismaterial gesichtet und sichergestellt worden. Edathy selbst sei nicht angetroffen worden. Nach Informationen des "NDR" hält er sich derzeit im europäischen Ausland auf.

SPD reagiert bestürzt

Die SPD zeigte sich bestürzt über die Vorwürfe gegen Edathy. Seit Montagabend sei bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlungen gegen ihn führe, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD im Bundestag, Christine Lambrecht. "Die genannten Gründe - Besitz von Kinderpornografie - sind sehr schwerwiegend. Ich persönlich bin zutiefst bestürzt." Sie hoffe auf schnellstmögliche Aufklärung. Auch der niedersächsische SPD-Generalsekretär Detlef Tanke erklärte: "Die gegen Sebastian Edathy geäußerten Vorwürfe wiegen schwer und müssen sorgfältig, schnell und umfassend aufgeklärt werden."

Lambrecht sagte, sie habe keine eigene Kenntnis über den Grund für das Ermittlungsverfahren. Sie beziehe sich auf Presseberichte. Es gebe Versuche, mit Edathy Kontakt aufzunehmen: "Er ist momentan nicht erreichbar." Er fehle seit einigen Wochen krankheitsbedingt. "Man hatte auch den Eindruck, dass das keineswegs eine kurzfristige Erkrankung ist", sagte Lambrecht.

Verdacht auf "minderschweren Fall"

Es gibt keine Bestätigung von offizieller Seite, dass gegen Edathy wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material ermittelt wird. Der NDR berichtet, nach Informationen aus Ermittlerkreisen handele es sich bei dem Verdacht um einen "minderschweren Fall". Edathys Name sei im Zuge deutschlandweiter Ermittlungen des BKA zum Thema Kinderpornografie im vergangenen Jahr aufgetaucht. Offenbar wird gegen mehrere Verdächtige ermittelt.

Edathy selbst weist die Vorwürfe zurück. "Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr", erklärte Edathy am Dienstag auf seiner Facebook-Seite. "Die Tatsache, dass bei einer nur auf Mutmaßungen beruhenden gestrigen Hausdurchsuchung in meiner Privatwohnung die Lokalpresse zugegen war, nehme ich zum Anlass, Strafanzeige zu erstatten. - Ich gehe davon aus, dass die Unschuldsvermutung auch für mich gilt. - Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor", schrieb Edathy weiter.

Der 44-jährige SPD-Politiker Edathy hatte sich vor allem als Vorsitzender des Bundestags-Untersuchungsausschusses zu den Pannen bei den Ermittlungen zur Mordserie der rechtsextremen NSU Ansehen erworben. Er leitete das Gremium und stellte die Aufklärung über Parteiinteressen.

Edathy war seit 1998 Mitglied des Bundestags und leitete von 2005 bis 2009 den Innenausschuss. Ein wichtiges Anliegen ist ihm seit Jahren die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland. Sein Rückzug, offiziell aus gesundheitlichen Gründen, am Wochenende kam völlig überraschend.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort