Reaktionen Edathy nennt Hartmann als Informanten – Pressestimmen
So kommentieren Medien am 14. und 15. Dezember 2014, dass sich Sebastian Edathy in den Kinderpornografie-Ermittlungen gegen ihn wieder zu Wort gemeldet und seinen früheren SPD-Parteifreund Michael Hartmann als Informanten genannt hat.
"Westfälische Nachrichten": "Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, dass endlich Licht ins Dunkel der Affäre Sebastian Edathy kommt. Der seit Niederlegung seines Bundestagsmandats im Februar wie vom Erdboden verschwundene Ex-SPD-Abgeordnete will sich am Donnerstag in Berlin öffentlich erklären. Mit dem Abgeordneten Michael Hartmann und Ex-BKA-Chef Ziercke (beide dementieren) sind erste Namen genannt. Es wird also spannend - jetzt zunächst im Parlament, im Februar dann beim Landgericht."
"Landeszeitung": "Zwar bricht Edathy sein Schweigen. Doch es wirkt, als ob der Pulverdampf von den Nebenkriegsschauplätzen den Sinn für die Kernfragen vernebelt, wo in diesem Fall die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft und ob Edathy sie überschritten hat. Es ist nur für koalitionsinterne Machtspielchen wichtig, wer was wann wusste und an wen weitergegeben hat. Es ist nur für die Rechtskultur wichtig, ob die Staatsanwaltschaft mit ihrem Verdacht zu früh an die Öffentlichkeit ging. Edathy sieht sich als unschuldiges Opfer. Er lud Bilder von einem kanadischen Anbieter herunter, der mittlerweile in Haft sitzt. Und der sich bei den Heranwachsenden, deren Bilder er verkauft hat, zu entschuldigen suchte. Selbst wenn Edathy nach den Buchstaben des Gesetzes unschuldig sein mag, die Bilder waren es offenbar nicht."
"Rhein-Zeitung": "Dass Edathy nun selbst seinen früheren Parteifreund Michael Hartmann nennt, ist für den Mainzer Bundestagsabgeordneten verheerend. Der Mainzer zog sich im Februar zurück, als die Vorwürfe gegen Edathy bekannt wurden. Als sein Name im Zuge der Affäre auftauchte, tauchte Hartmann völlig ab. Seither gibt es keine öffentlichen Äußerungen von ihm zu dem Fall. Warum machte er nicht gleich reinen Tisch und erzählte schon im Februar von dem Gespräch mit Edathy beim Parteitag? Hartmann muss jetzt um seine Glaubwürdigkeit kämpfen."
"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "So leicht wie beim letzten Mal, als Friedrich über die Klinge springen musste, wird sich die SPD jedenfalls nicht mehr aus der Affäre ziehen können. Alle direkt und indirekt Beteiligten, inklusive CDU und CSU, werden froh sein, wenn Edathys Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss am Donnerstag vorbei ist und Weihnachten vor der Tür steht. Schon das erste Kapitel der Edathy-Affäre hatte die gerade erst geschlossene "Groko" an den Rand vorzeitiger Erschöpfung gebracht. Jetzt, da laut Kanzleramtschef Peter Altmaier schon achtzig Prozent der Koalitionsvereinbarung abgearbeitet sind, könnte das zweite Kapitel sehr viel schneller zum Bruch führen. Doch bekanntlich sind immer die letzten zwanzig Prozent der viel größere Brocken, und noch brauchen die drei Partner einander."
"Mannheimer Morgen": "Ausgerechnet Michael Hartmann soll es gewesen sein, später wegen Crystal-Meth-Konsums selbst im Visier der Justiz. Der weist Edathys Version zwar zurück. Doch bei manchem Bürger dürfte "zwielichtiger Genosse warnt zwielichtigen Genossen" hängenbleiben. Zumal die beiden damaligen Innenexperten sich tatsächlich nahestanden. Hartmann sprach seinerzeit Thomas Oppermann auf Edathys schlechten Zustand an. Der bat ihn, sich um den Kollegen zu kümmern. Dass der SPD-Fraktionschef noch im Amt ist, während die Affäre CSU-Minister Hans-Peter Friedrich den Job kostete, haben viele in der Union nicht verschmerzt.
Vielleicht will sich Edathy an seiner SPD dafür rächen, dass sie ihn (zu Recht) fallenließ. Doch setzt sich diese Lesart nicht durch, wird Oppermann schwer zu halten sein."
"Rheinpfalz": "Was soll man davon halten? Zunächst fällt auf, dass Edathy im Februar dieses Jahres dem "Spiegel" sagte, es habe keinen Tippgeber gegeben. Ohne Tippgeber auch keine Vernichtung von Beweismitteln, sollte die damalige Botschaft des früheren SPD-Politikers lauten. Nun sagt Edathy genau das Gegenteil. Er behauptet, von den BKA-Ermittlungen durch Hartmann erfahren zu haben. Dieser Sinneswandel stärkt nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit Edathys. Man hat den Eindruck: Hier will einer nicht aufklären, sondern Rache üben - warum auch immer. Für den nach seinem Drogendelikt wieder Fuß fassenden Hartmann ist Edathys Behauptung ein schwerer Schlag. Und für die SPD birgt das Sprengstoff: Ein Geheimnisverräter wäre nicht mehr tragbar."
"Mitteldeutsche Zeitung": "Das Strafverfahren gegen Edathy wegen des Vorwurfs der Kinderpornografie wird irgendwann mit einer voraussichtlich kleinen Geldstrafe enden und ist dann Geschichte. Anders verhält es sich mit dem Verdacht der Strafvereitelung, der den Fall Edathy von Anfang an begleitet. Sollte sich herausstellen, dass Hartmann seinen Kollegen tatsächlich informiert und damit die Beseitigung belastender Laptops ermöglicht hat, ist es nicht nur mit der Karriere des früheren, jüngst bereits über ein Drogendelikt gestolperten innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion endgültig vorbei. Hartmann hätte sich dann wegen Strafvereitelung gerichtlich zu verantworten - betroffen und beschädigt aber wäre die gesamte Führungsspitze der SPD."