Millionengehälter von Managern reguliert Schweiz befeuert Debatte in Deutschland

Berlin · Das Ja der Schweizer zur Regulierung der Millionengehälter von Managern hat auch die Debatte in Deutschland neu entfacht. Während sich Politiker der Opposition und der Regierungskoalition zustimmend äußern, sehen Wirtschaftsexperten die geplanten Eingriffe skeptisch.

Mehr als zwei Drittel der Schweizer stimmten am Sonntag für die "Volksinitiative gegen die Abzockerei", die erreichen will, dass künftig die Aktionäre von Unternehmen über die Gehälter an der Spitze entscheiden. Ein "Goldener Handschlag" beim Weggang aus einem Konzern und Begrüßungsmillionen vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses sollen verboten werden.

"Der Volksentscheid ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um der Abzockerei im Management auch andernorts zu begegnen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das Resultat sollte als Ermutigung für die Einführung der europäischen Richtlinie verstanden werden."

Zwar könne die Entwicklung in der Schweiz nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen werden, sagte Poß. Aber es gehe um den Grundsatz: "Die Menschen akzeptieren dieses perverse Boni-System nicht nur bei Banken, sondern auch in der Realwirtschaft nicht mehr."

Auch der CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs äußerte sich positiv über die Schweizer Initiative. "Gehaltsentscheidungen der Unternehmen werden so von den Eigentümern, nicht vom Staat getroffen", sagte Fuchs der "Bild"-Zeitung. "Die Aktionäre wissen genau, was sie sich leisten können."

Stärkere Regeln gegen Exzesse

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, sagte den Zeitungen der WAZ-Gruppe, die schwarz-gelbe Koalition in Berlin solle dieses Signal ernst nehmen. "Wir brauchen auch in Deutschland stärkere Regeln gegen Gehaltsexzesse."

Der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte die von der Deutschen Bank gezahlten Millionen-Provisionen für Banker. "Grenzen für die Freiheit zieht nicht nur das Gesetz, sondern auch das Verantwortungsgefühl. Man sollte für in Freiheit getroffene Entscheidungen Gründe angeben können, die vor Moral, Vernunft und Gemeinwohl Bestand haben", sagte Lindner dem "Handelsblatt".

Der Wirtschaftsexperte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln begrüßte in der "Bild"-Zeitung die öffentliche Debatte. "Aber statt mehr Gesetzen brauchen wir mehr Aufsichtsräte und Vorstände, die selbst Verantwortung übernehmen", sagte Hüther.

Gesetz kann noch geschwächt werden

Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", er halte Eingriffe von außen bei den Managergehältern für falsch. "Aus meiner Sicht müssen sich sowohl der Gesetzgeber wie auch die Öffentlichkeit aus der Lohnfindung in einzelnen privaten Betrieben völlig raushalten", sagte der Ökonom, der selbst Schweizer ist.

Die Schweizer Initiative sieht für Verstöße gegen die Neuregelungen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren sowie hohe Geldstrafen vor. Es dürfte aber noch mehr als ein Jahr dauern, bis die Regelungen in Kraft treten. Die Regierung muss zunächst einen entsprechenden Gesetzentwurf formulieren und dem Parlament zur Abstimmung vorlegen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass es den Gegnern der Initiative im Parlament gelingt, die Regeln noch abzuschwächen und mit Ausnahmen zu versehen.

(AFP/jre/csi)
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