Bosbach kritisiert mangelnde Koordination deutscher Behörden Schweigeminuten für Terroropfer von Madrid

Berlin (rpo). Aus Solidarität mit der spanischen Bevölkerung ruft Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) alle Bürger auf, am Montag um 12 Uhr mit drei Schweigeminuten der Opfer der Terroranschläge von Madrid zu gedenken. Die Union kritisierte unterdessen die mangelnde Koordination deutscher Behörden bei der Bekämpfung des Terrorismus.

Deutschland schließe sich damit wie andere Länder auch der Staatstrauer in Spanien an, sagte Schily in Berlin. Durch die Bombenanschläge sind bislang 200 Menschen ums Leben gekommen, rund 1500 wurden zum Teil schwer verletzt.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) kritisiert indes die mangelnde Koordination der deutschen Behörden bei der Bekämpfung des Terrorismus. "Wir haben in Deutschland insgesamt 37 Behörden, die sich sehr hingebungsvoll um die Wahrung der inneren Sicherheit bemühen. Diese Behördenvielfalt kann auch zu einem Problem werden", sagte Bosbach am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Er erinnerte daran, dass es in Deutschland "brandgefährliche Ausländer, fanatische, religiöse, völlig gewissenlose Täter, Unterstützer terroristischer Organisationen" gebe, von denen 3500 bis 4000 gewaltbereit seien oder zur Gewalt neigten.

Bosbach forderte erneut einen Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den Terror auch innerhalb Deutschlands. Zur Begründung sagte er, dass spezifische Fähigkeiten der Bundeswehr bei der Bekämpfung von Terrorismus genutzt werden können müssten. Aber auch in der Union denke niemand daran, "die Bundeswehr zu einer Art zweiten Bereitschaftspolizei zu machen".

Bundesinnenminister Schily sagte, dass es eine Bestimmung im Ausländerrecht gebe, wonach bei einer "Gefahr für die innere Sicherheit" Aufenthalte schon jetzt beendet werden könnten. Er fügte hinzu: "Ich gehe auch weiter. Wenn bekannt ist, dass sich jemand in einem Ausbildungslager in Afghanistan befunden hat, dann finde ich, hat er in unserem Lande nichts mehr zu suchen." Zudem seien im Entwurf des Zuwanderungsrechts Verschärfungen enthalten. Schily sagte, er sei für eine Überprüfung der Gesetzesgrundlagen bezüglich einer Terror-Abwehr in der Luft offen. Er lehne aber eine "Militarisierung der Gesellschaft" ebenso ab wie eine "Bundeswehr als Hilfspolizei". In diesem Zusammenhang warnte der Minister davor, aus den Anschlägen "die falschen Konsequenzen zu ziehen", und erteilte Forderungen nach einer generellen Verschärfung des Ausländerrechts eine Absage.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Krista Sager, hat nach dem Anschlag von Madrid vor gesetzgeberischen Schnellschüssen im Antiterrorkampf gewarnt. "Man darf die Anschläge jetzt nicht parteitaktisch missbrauchen", sagte Sager der "Berliner Zeitung". Politischer Aktionismus führe nicht zu mehr, sondern zu weniger Sicherheit. Sager wandte sich insbesondere gegen den Vorschlag der Union, die Bundeswehr zukünftig auch im Inneren einzusetzen. "Auch die spanische Armee hätte die Anschläge nicht verhindern können", sagte die Grünen-Politikerin. Sie räumte aber ein, dass sich die Gefahrenlage seit dem Irak-Krieg erhöht habe.

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