Proteste gegen Stuttgart 21 Schwarz-Grünes Zerwürfnis

Berlin/Stuttgart (RPO). Schwarz-Grün – eine Konstellation für die Zukunft. Über dieses möglich Bündnis im Bund wird seit Monaten diskutiert. Angesichts diffuser Umfragewerte sahen sich die Parteien gezwungen, nach neuen und vor allem mehrheitsfähigen Koalitionen umzuschauen. Doch seit Stuttgart 21 ist alles anders. Dort stehen sich Grüne und Union unversöhnlich gegenüber. Aber das Bahnprojekt ist nur ein Beispiel für die Gegensätze der Parteien.

Zehn Fakten zu Stuttgart 21
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Foto: dapd

Berlin/Stuttgart (RPO). Schwarz-Grün — eine Konstellation für die Zukunft. Über dieses möglich Bündnis im Bund wird seit Monaten diskutiert. Angesichts diffuser Umfragewerte sahen sich die Parteien gezwungen, nach neuen und vor allem mehrheitsfähigen Koalitionen umzuschauen. Doch seit Stuttgart 21 ist alles anders. Dort stehen sich Grüne und Union unversöhnlich gegenüber. Aber das Bahnprojekt ist nur ein Beispiel für die Gegensätze der Parteien.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus warf den Grünen vor, eine außerparlamentarische Opposition gegen Stuttgart 21 zu organisieren. Kanzlerin Angela Merkel warf der Partei ebenso wie der SPD Verlogenheit vor. Und die Grünen unterließen es nach dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten nicht, auch die Bundesregierung anzugreifen. So warf die Fraktionsvorsitzende Renate Künast den Vertretern der Koalition vor, sie hätten versucht, "aus braven, demokratisch gesonnenen schwäbischen Bürgerinnen und Bürgern Kriminelle zu machen".

Die Fronten im Fall Stuttgart 21 sind verhärtet, auch wenn Mappus ein wenig auf die Gegner zuging. Da stehen sich einerseits Bahn, Landespolitik und Bevölkerung unversöhnlich gegenüber, auf der anderen Seite eben Grüne und Union. Deutlich wird dies nicht nur auf Landes- sondern auch auf Bundesebene. Wenn heute die aktuelle Stunde im Bundestag zu dem Thema eingeläutet wird, wird dies abermals deutlich werden. Für viele jedenfalls ist schon jetzt klar: Schwarz-Grün hat im Hinblick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg im März 2011 kaum noch eine Chance.

Trennschärfe zwischen Parteien

Ob es im Bund Schwarz-Grün geben könnte, diese Frage hatte die Kanzlerin auch schon Mitte des Jahres abgebügelt. Das sei "eher unwahrscheinlich". Und auch die Grünen bevorzugten diese Konstellation. Doch die Landtagswahlen in NRW zeigten, dass sich die Parteien einander annähern müssen, so unberechenbar ist derzeit das Wählerverhalten. Und so stand damals auch die Frage im Raum, wie es um Schwarz-Grün stehe - was die NRW-Parteien aber ablehnten.

Dass Schwarz-Grün - noch - nicht funktionieren kann, macht Stuttgart 21 mehr als deutlich. Trotz aller Diskussion um Volksparteien bleibt eine große Trennschärfe zwischen den beiden Parteien. Und dabei vor allem beim Urthema der Grünen - dem Umweltschutz. Zwar ist dieser einerseits inzwischen bei allen angekommen und steht damit auch bei der Union auf der Agenda. Zwar gibt es auf Länderebene bereits ein Schwarz-Grünes Experiment. Doch wenn es um konkreten Umweltschutz und Zukunftsvisionen geht, klaffen Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinander.

Die Union versucht, allen Seiten gerecht zu werden - der Atomlobby etwa und auch den erneuerbaren Energien. Und die Grünen sind dann wieder dort, wo sie angefangen haben - bei den Bürgern auf der Straße. Sie protestieren mit ihnen und profitieren zugleich davon, wie die Umfragen zeigen, bei denen sie einen Höchstwert nach dem anderen einfahren. Nicht nur bei Stuttgart 21.

Unmut über Atompolitik

Stichwort Atompolitik. In dieser Hinsicht hatte es schon beim einzigen schwarz-grünen Experiment in Hamburg Schwierigkeiten. Die CDU wollte das Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg, die Grünen lehnten es als CO2-Schleuder ab. Nun soll das Kraftwerk doch 2012 ans Netz gehen. Die Hamburger GAL ging einen Kompromiss ein, um als Mehrheitsbeschaffer auch für die Union zur Verfügung zu stehen und sich somit auch weniger abhängig von der SPD zu machen.

Doch nun ist auch noch der Atomausstieg im Bund gekippt worden. Längere Laufzeiten für die Kernkraftwerke, Vorwürfe der Lobby-Politik seitens der Grünen. Die Fronten sind auch hier verhärtet. Die Grünen entdecken ihr Ur-Thema wieder. Auch hier gehen sie mit auf die Straße, machen mobil gegen die Regierung und die Atomlobby. Dass sich die Parteien in dieser Frage jemals annähern könnten, ist daher mehr als fraglich.

Hamburg macht ebenso deutlich: Schwarz-Grün ist in diesen Tagen kein strahlendes Zukunftsmodell. Denn das Bündnis wäre fast an dem Streit um die Schulreform zerbrochen. Und auch wenn sich beide Seiten für eine Fortsetzung ausgesprochen haben, so steht es doch auf wackligen Füßen, bis wahrscheinlich ein neuerliches Streitthema aufkommt.

Die aktuelle Politik zeigt daher vor allem eines: Die Lageraufteilung unter den Parteien funktioniert immer noch: bürgerlich gegen links. Öko gegen Wirtschaft. Sogar der Wähler stellt sich derzeit darauf ein - und setzt oftmals auf Grün. Und so hat der Streit um Stuttgart 21 und die Atompolitik zumindest ein Gutes: Die Zeiten des Kuschelns ist vorbei, die politische Streitkultur hat wieder die Oberhand gewonnen.

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