Annegret Kramp-Karrenbauer im Interview "Schwarz-Grün im Bund ist nicht unmöglich"

Berlin · Die saarländische Regierungschefin und CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht im Interview mit unserer Redaktion über Koalitionen, Mindestlohn und moderne Familienpolitik.

 Annegret Kramp-Karrenbauer hält Schwarz-Grün im Bund nicht für unmöglich.

Annegret Kramp-Karrenbauer hält Schwarz-Grün im Bund nicht für unmöglich.

Foto: dpa, fve lre rho cul

Die Grünen setzen nun auch formal auf Rot-Grün. Ist damit die schwarz-grüne Option vom Tisch?

Kramp-Karrenbauer Sie haben ein deutliches Signal Richtung Rot-Grün gesetzt. Die beiden Parteien wollen offensichtlich einen Lagerwahlkampf führen. Das dient der Mobilisierung der eigenen Anhänger. Bei der Bundestagswahl entscheidet sich aber der Wähler für eine einzelne Partei. Aus diesem Ergebnis ergeben sich mögliche Koalitionen. Am Wahlabend wurde dann schon so mancher Treueschwur zugunsten einer pragmatischen Position geräumt. Demokratische Parteien müssen immer untereinander sprech- und koalitionsfähig sein.

Sollte die Union sich auf Schwarz-Gelb im Wahlprogramm festlegen?

Kramp-Karrenbauer Wir kämpfen dafür, dass die Union möglichst stark wird. Wir treten als CDU an und für christdemokratische Politik. Die Schnittmenge ist mit der FDP dabei nach wie vor am größten.

Mit wem sind die Schnittmengen größer: SPD oder Grüne?

Kramp-Karrenbauer Das ist schwierig zu sagen, weil beide Parteien in ihren Programmen deutlich nach links gerückt sind. Union und SPD verbindet sicher die breite Verankerung in der Gesellschaft und damit die Möglichkeit, bei wichtigen gesellschaftlichen Themen ausgleichend zu agieren.

Mit wem wollen Sie den Mindestlohn durchsetzen?

Kramp-Karrenbauer Ich bin sicher, dass ein Mindestlohn in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt wird. Dafür gibt es in der Politik eine breite Mehrheit. Ich halte den wirtschaftlich vernünftigen CDU-Vorschlag, dass tarifliche Mindestlöhne von einer Expertenkommission dort gesetzt werden, wo es keine Tarifabschlüsse gibt, für den besten Vorschlag.

Die SPD will im Bundesrat einen Antrag für "gute Arbeit" einbringen. Wie werden Sie sich verhalten?

Kramp-Karrenbauer Die zeitliche Nähe des Antrags zum Tag der Arbeit am 1. Mai ist schon sehr auffällig. Das ist dem nahenden Wahlkampf geschuldet, und so werden wir diesen Antrag in seiner Gesamtheit auch behandeln.

Wofür setzt sich die Saar-CDU im Unions-Wahlprogramm ein?

Kramp-Karrenbauer Wir sind mit den bekannten Positionen zum Mindestlohn und zur Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ab 2020 sehr zufrieden. Wir müssen das Thema Familienpolitik noch breiter fassen — etwa dadurch, dass wir als CDU für familienfreundliche Arbeitszeiten kämpfen.

Was sind gute Voraussetzungen, damit Familien gegründet werden?

kramp-karrenbauer Natürlich Stabilität im Elternhaus und eine finanzielle Förderung, aber vor allem auch eine bessere zeitliche Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. Dazu gehört auch das Thema der Einführung einer Großelternzeit, genauso wie der Rechtsanspruch auf eine Rückkehr von Teilzeit- in Vollzeit-Jobs. Gerade das strikte Festhalten an bestimmten Arbeitszeiten ist vor allem für junge Mütter und Väter hinderlich. Deswegen bedarf es bei der Arbeitszeit einer größeren Flexibilität. Das ist auch Aufgabe der Tarifparteien. Deswegen sollte es beispielsweise auch in Tarifkommissionen eine Frauenquote geben, damit Tarifverträge in Deutschland familienfreundlicher ausgestaltet werden.

Schadet die Diskussion um Vetternwirtschaft in der CSU der Union im Bund?

Kramp-Karrenbauer Nein. Die CSU hat das Thema ja nun geklärt. Es ist völlig inakzeptabel, dass Verwandte auf Steuerzahlerkosten im persönlichen Umfeld beschäftigt werden.

Oskar Lafontaine geht nun doch nicht nach Berlin. Ist Rot-Rot-Grün im Bund realistischer geworden?

Kramp-Karrenbauer Mit der Entscheidung von Lafontaine ist auf Bundesebene ein personifiziertes Hindernis für Rot-Rot-Grün nun aus dem Weg geräumt. Die Bekenntnisse der SPD-Führung gegen eine Linkskoalition halte ich nur für begrenzt glaubwürdig. Da haben einige Landesverbände der SPD in der Vergangenheit schon viel Beweglichkeit bewiesen.

M. Bröcker, G. Mayntz und E. Quadbeck führten das Gespräch

(brö / Qua / may-)
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