Weniger Elterngeld für Mini-Jobber geplant Schröders Angriff auf die Geringverdiener

Berlin (RPO). Was hagelte es für Kritik, als bekannt wurde, dass das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger gestrichen werden soll. Nun geht die Familienministerin laut einem Medienbericht sogar noch weiter. Kristina Schröder plant demnach, das Elterngeld auch für Mini-Jobber zu kürzen. Damit weicht sie das Prestige-Projekt ihrer Vorgängerin immer mehr auf.

Kristina Schröder - die frühere Familienministerin
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Wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf einen Referentenentwurf des Familienministeriums berichtet, sollen auch diejenigen bis zu 300 Euro weniger Elterngeld bekommen, die wegen ihres zu geringen Verdienstes ihr Einkommen mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken. Das beträfe der Zeitung zufolge Mini-Jobber und Paare, die den Kinderzuschlag erhalten.

Laut dem Blatt mutet die schwarz-gelbe Koalition damit den Beziehern höherer Einkommen deutlich weniger zu als den ärmeren Eltern. So wolle die Bundesregierung etwa 155 Millionen Euro durch ein niedrigeres Elterngeld bei Nettoeinkommen von mehr als 1240 Euro im Monat sparen. Fast dreimal so groß seien die Kürzungen bei den ärmeren Familien, sie summieren sich auf 440 Millionen Euro.

Begründung: Anreize schaffen

Begründet wird dies nach dem Bericht damit, dass es für erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher stärkere Anreize geben müsse, eine Arbeit aufzunehmen. Genau in diese Argumentation stieß Schröder auch schon, als sie die Streichung des Elterngeldes bei Hartz-IV-Empfängern verteidigte. Damals schrieb sie über ihren Twitter-Acount: "Aber: Eine Familie in Hartz IV, 2 Kinder, erhält inkl. Elterngeld 1885 Euro vom Staat. Netto! Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?"

Und bei der neuen Idee setzt sie gleich noch einen obendrauf. Laut "Süddeutscher Zeitung" argumentiert Schröder, dass es gerade für gut verdienende Männer weiter attraktive Anreize geben müsse, in den Elternurlaub zu gehen.

Doch das Elterngeld war einst geschaffen worden, um Männern und Frauen Anreize zu geben, sich für Kinder zu entscheiden - gerade in Zeiten, in denen Gedanken an die wirtschaftliche Situation viele davon abhalten. Und während Schröder zu Beginn ihrer Ministerzeit noch darauf setzte, ein Teilzeitelterngeld einzuführen und die Vätermonate auszubauen, um noch mehr Anreize zu schaffen, vollzieht sie nun seit Beginn der Sparrunde eine Kehrtwende.

Und mit ihrer Argumentation liefert sie den Überlegungen des FDP-Finanzexperten Hermann Otto Solms Futter, gegen die sie sich selbst im Interview mit unserer Redaktion noch gewehrt hatte. Solms hatte erklärt, das Elterngeld sei eine Sozialleistung für Leute, die es nicht nötig haben. Schröder nannte dagegen das Beispiel junger Familien, die wenig verdienen und denen mit der Geburt des Kindes das Einkommen wegbreche. "Da ist es lebensfern zu sagen, die Eltern bräuchten das Geld nicht."

Vorteil für Besserverdiener?

Doch genau den Geringverdienern will sie nun auch das Elterngeld kürzen. Ob damit stärkere Anreize für Hartz-IV-Empfänger geschaffen werden, einer Arbeit nachzugehen, mag bezweifelt werden. Denn mit der neuen Planung zeigt die Ministerin ja gerade, dass es eben auch Menschen mit kleinem Einkommen treffen soll. Diese wollen arbeiten, benötigen aber aufgrund ihres geringen Verdienstes zusätzliche Leistungen vom Staat.

Wird ihnen nun nochmals Geld gekürzt, könnte der Anreiz, den die Ministerin sich vorstellt, eher ins Gegenteil verkehren - weniger Geld wird schnell ein Anreiz, nicht mehr zu arbeiten oder eben keine Kinder zu bekommen. Damit wäre die Grundidee des Elterngeldes aus den Fugen gehoben und die Diskussion, nur Besserverdiener können sich Kinder leisten, würde neuen Zündstoff bekommen.

Auch bei den Paaren, die den Kinderzuschlag bekommen, sieht die Situation ähnlich aus. Denn dieser sollte eigentlich verhindern, dass Geringverdiener ins Hartz-IV-System abrutschen, nur weil sie Nachwuchs haben. Nun sollen sie ebenfalls weniger Geld erhalten, und der Schritt zu Hartz IV ist wieder ganz nah.

Schon hagelt es erneut Kritik aus Opposition und Regierung. So erklärte die kinder- und jugendfamilienpolitische Sprecherin der Linken, Diana Golze, in der "Süddeutschen Zeitung": "Familienministerin Schröder sind anscheind Geburten von reichen Eltern mehr wert als von ärmeren Eltern. "Unsinnig" nannte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dorothee Bär (CSU), den Vorschlag. "Diese Maßnahmen wären eine Strafe für diejenigen, die als Geringverdiener den Kontakt zum Arbeitsmarkt halten", erklärte Bär.

Nachbesserungen angekündigt

Inzwischen hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder als Reaktion die Medienberichte über einen Arbeitsentwurf zu geplanten Kürzungen beim Elterngeld bestätigt, aber zugleich Nachbesserungen angekündigt. "Es ist der klare und erklärte Wille des Familienministeriums, eine Sonderregelung für die sogenannten 'Aufstocker' zu finden und im Gesetz zu verankern", erklärte die CDU-Politikerin am Freitag in Berlin.

Eine solche Sonderregelung sei "aus technischen Gründen" bisher noch nicht in dem Entwurf enthalten, weil sie mit geplanten Neuregelungen der Hartz-IV-Sätze und der Erwerbstätigenfreibeträge zusammen hinge. Diese Neuregelung sollen nach Angaben Schröders in den kommenden zwei Monaten erfolgen.

Erst dann könnten die Sonderregelungen für Hartz-IV-Aufstocker, Mini-Jobber und die Bezieher des sogenannten Kinderzuschlages in den Entwurf aufgenommen werden, sagte Schröder.

(AP)
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