Kanzler spricht von einem "abartigen Bündnis" Schröder greift "Volksfront" aus Union und PDS an

Brandenburg/Berlin (rpo). "Wenn man diese neue Volksfront und ihren gnadenlosen Populismus sieht, dann kann einem wirklich übel werden." Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Union und PDS angesichts der Proteste gegen die Arbeitsmarktreform Hartz IV scharf attackiert. Schröder sprach von einem "abartigen Bündnis".

Damit hat der Kanzler in ungewöhnlich heftiger Form Union und PDS für ihre Kritik an der Arbeitsmarktreform Hartz IV attackiert. In der Union selbst ging der Streit über die Reform weiter.

Schröder sprach auf dem Parteitag der brandenburgische SPD von einem "abartigen Bündnis" zwischen denen in der PDS, die auf der Suche nach Wählerstimmen Ressentiments schürten, und CDU-Politikern, die sich aus Sorge um ihren Machterhalt aus der Verantwortung schlichen. Der Kanzler erinnerte im ZDF-Interview daran, dass die Union im Bundesrat zur Verschärfung der Reformmaßnahmen beigetragen habe. Jetzt sei das Hauptproblem, dass sie sich "seitwärts in die Büsche schlage". Man müsse klarmachen, dass die Union ihr Wort gebrochen habe.

Änderungen an den Arbeitsmarktreformen lehnte Schröder ab. Er räumte in Brandenburg ein, dass sie Belastungen mit sich brächten, von Ungerechtigkeiten könne man aber nicht sprechen. Wer etwa fordere, die Summe des bei der Berechnung des neuen Arbeitslosengeldes II zu schonenden Privatvermögens zu erhöhen, solle bedenken, dass dies aus Steuergeld bezahlt werden müsse. Im ZDF fügte er hinzu, eine großzügigere Unterstützung für Arbeitslose müsse von Menschen aufgebracht werden müssten, "die es auch nicht dicke haben".

Grüne gegen weitere Änderungen

Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sprach sich ebenfalls gegen weitere Änderungen am Hartz-IV-Gesetz aus. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte sie, mit der Auszahlung des Arbeitslosengeldes II bereits von Januar an und der großzügigeren Regelung für Sparbücher von Kindern sei der Korrekturbedarf erfüllt.

Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) meldete Zweifel an der erhofften Wirkung von Hartz IV für den ostdeutschen Arbeitsmarkt an. In vielen Regionen der neuen Länder gebe es die nötigen Stellen einfach nicht, sagte der Spitzenkandidat der Landtagswahl am 19. September. Vor dem Tagungsgebäude protestierten einige hundert Menschen gegen Hartz IV.

Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) glaubt nicht, dass durch die Reform Arbeitslose in Ostdeutschland wieder Arbeit finden. "Es muss eine Strategie her, wie man Arbeitsplätze im Osten schafft", forderte er in der "Frankfurter Rundschau" (Montagausgabe). Milbradt warf der Bundesregierung vor, das Reformprojekt "kommunikativ völlig falsch eingefädelt" zu haben.

Ton in der Union wird schärfer

In der Union verschärfte sich inzwischen der Ton im Streit über die Haltung zum Reformplan. Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer stellte nach einer Vorabmeldung des "Spiegels" das ganze Reformwerk in Frage.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, wies im "Tagesspiegel am Sonntag" die Kritik Seehofers zurück. Es müsse klar sein, dass die Union von ihr mitbeschlossene Reformen nicht in Frage stelle. Auch der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmer, Hermann-Josef Arentz, müsse zur Kenntnis nehmen, dass Hartz IV beschlossen sei. Arentz hatte unter anderem Änderungen an den Regelungen zur Anrechnung privater Vorsorge gefordert.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) begrüßte die Reform als richtig, forderte aber ebenso wie der saarländische Regierungschef Peter Müller Änderungen.

(ap)
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