Packt der Waffenlobbyist aus? Schreiber-Prozess soll schnell beginnen

München (RPO). Er hat sich jahrelang mit allen Mitteln gewehrt und nun doch verloren: Der ehemalige Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber sitzt in einem deutschen Gefängnis. Schon bald soll ihm der Prozess gemacht werden. Ob der 75-Jährige zu seinen dubiosen Verbindungen in die Politik aussagt, ist noch offen.

Karlheinz Schreiber und die CDU Parteispendenaffäre
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Um 09.22 Uhr hatte die jahrelange Flucht ein Ende. Nachdem ihn die kanadischen Behörden ausgewiesen hatten, wurde Schreiber direkt am Flughafen festgenoimmen. Der 75-Jährige gilt als eine Schlüsselfigur in der CDU-Parteispendenaffäre und soll in Deutschland wegen Bestechung und Steuerhinterziehung vor Gericht kommen.

Der Haftbefehl gegen ihn soll am Dienstag eröffnet werden, wie das Landgericht Augsburg auf AP-Anfrage mitteilte. Schreiber wurde am Mittag in die Justizvollzugsanstalt Augsburg gebracht, wo er auf seinen Prozess wartet. Das Gerichtsverfahren soll schnell beginnen.

Höchststrafe wären 15 Jahre

"Eine Gesamtstrafe könnte bis zu maximal 15 Jahre gehen", sagte der Augsburger Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz am Montag. Eine strafmindernde Absprache schloss er aus. In Anbetracht von Äußerungen Schreibers könne er sich dies nicht vorstellen, sagte Nemetz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird sich nicht für Schreiber einsetzen. Das erklärte der stellvertretende Regierungssprecher Klaus Vater am Montag in Berlin. Für die schnelle Auslieferung Schreibers hatte sich Bundesjustizministerin Brigitte Zypries noch in der vergangenen Woche bei der kanadischen Regierung stark gemacht, wie ein Sprecher des Ministeriums bestätigte. Die Annahme, dies sei parteipolitisch motiviert, sei aber "völlig aus der Luft gegriffen".

Laut Augsburger Staatsanwaltschaft hatte Schreiber von Thyssen für mehrere Rüstungsprojekte rund 15 Millionen Euro kassiert. Seit Mitte der 80er Jahre bis 1995 soll er mit Hilfe ausländischer Tarnfirmen Geld über Schweizer Nummernkonten an Industrielle und Politiker verteilt haben. Eine Millionenspende überreichte er laut Staatsanwaltschaft in einem Koffer dem früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep. Der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls hatte von Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld für Hilfe beim Verkauf von Fuchs-Panzern nach Saudi-Arabien angenommen.

Schreiber prophezeit "Riesenzirkus"

Der 75-Jährige hatte seine Abschiebung am Sonntag nochmals in letzter Minute verhindern wollen: Auf seinen Antrag hin kam es zu einer außerplanmäßigen Anhörung vor dem Berufungsgericht in Toronto, nachdem am Freitagnachmittag Vertreter des Justizministeriums zu ihm gekommen waren. Diese gaben ihm bis Sonntag Zeit, sich in Auslieferungshaft zu begeben, wie Schreiber in einem bei Gericht verlesenen Brief an den kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper geschrieben hatte.

Nach der Entscheidung des Berufungsgerichts kam Schreiber in Auslieferungshaft. Bei der Ankunft am Gefängnis in Toronto bezeichnete er die Vorwürfe gegen ihn und seine Auslieferung als politisch motiviert. "In Deutschland sind im September Wahlen", sagte er. Die Sozialdemokraten hätten mit seinem Fall bereits drei Wahlen gewonnen. Seine Rückkehr nach Deutschland "würde Riesenzirkus sowie eine Untersuchung auslösen und Kanzler Kohl und alle wären dabei", sagte Schreiber. Die Absicht hinter all dem sei es, die nächste Wahl zu gewinnen.

Der ehemalige Vorsitzende des seinerzeit eingesetzten Bundestags-Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), erwartet einige neue Details in der CDU-Spendenaffäre. "Schreiber ist einer, der immer etwas in der Rückhand hat", sagte Neumann dem Berliner "Tagesspiegel" zufolge. Vor allem auf die Person von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) werde sich die Debatte zuspitzen. Parteichef Franz Müntefering will das Thema nicht im Wahlkampf einsetzen.

Neumann erwartet neue Details

Neumann erwartet zunächst die Versuche der Verteidigung, einen Deal mit der Staatsanwaltschaft hinzubekommen. "Man wird wohl jetzt versuchen, die Anklage gegen Schreiber auf einige Punkte zu beschränken, was rechtlich zulässig ist", sagte Neumann. "Nur wird man dann in der gesamten Affäre nichts Neues erfahren und das wäre schon etwas merkwürdig." Sollte es aber nicht zu einem Deal kommen, sondern ein ordentliches Verfahren gegen Schreiber eröffnet werden, "dann könnten eine Reihe von Komplexen neu bewertet werden", sagte Neumann.

Nach der Auslieferung des einstigen Waffenhändlers Karlheinz Schreiber hofft Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele, dass die Schlüsselfigur der CDU-Parteispendenaffäre "nun wirklich auspackt". Schreiber solle jetzt vor Staatsanwaltschaft und Richter "der vollen Wahrheit die Ehre geben", sagte das Mitglied im damaligen Untersuchungsausschuss zu der Parteispendenaffäre am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.

Politiker von Union und FDP hingegen erwarten nicht, dass sich die Auslieferung von Ex-Waffenhändler Karlheinz Schreiber auf den Bundestagswahlkampf auswirken wird. "Das hat keine politische Relevanz", sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Montag dem Nachrichtensender n-tv. Über das Verfahren gegen Schreiber müsse die Justiz entscheiden.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler sagte im Deutschlandfunk, für die Union sei es zwar "nicht angenehm, dass Karl-Heinz Schreiber ausgerechnet jetzt nach Deutschland zurückkommt". Aber wirkliche Bedeutung für den Bundestagswahlkampf werde die damalige CDU-Spendenaffäre nicht mehr haben. "Es wird nicht wahlentscheidend sein." Dafür liege die Angelegenheit zu lange zurück. Er sprach sich gegen einen erneuten Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre aus, in die Schreiber verwickelt war.

(AP/ndi)
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