Steinmeier präsentiert Kompetenzteam Schmidt wird zum Mühlstein am Hals

Potsdam (RP). Eigentlich wollte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in dieser Woche dynamisch durchstarten und endlich mit der Aufholjagd beginnen. Doch die für diesen Donnerstag geplante Präsentation seines Kompetenzteams gerät zum Desaster. Zwar ist der Name Ulla Schmidt vorläufig von der Liste gestrichen. Doch gerade das legen ihm Kritiker als Schwäche aus.

Schmidt-Rauswurf - Steinmeier wie ein Getriebener
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Foto: AP

Steinmeier verzichtet nur vorläufig auf Schmidts Mitarbeit im sogenannten Kompetenzteam. Die Tür zur Rückkehr bleibt jedoch einen Spalt geöffnet. Die Sache um den privat im Spanienurlaub genutzten Dienstwagen liegt nun zur Prüfung dem Bundesrechnungshof und dem Haushaltsausschuss vor. Die beiden Gremien sollen darüber befinden, ob Schmidt sich ein Fehlverhalten vorwerfen lassen muss.

Doch ist Steinmeier und seinen Strategen längst klar, dass es darum schon längst nicht mehr geht. Es ist der unselige Satz "Das steht mir zu", den Schmidt der Presse in Alicante in die Blöcke diktierte, der den Volkszorn hochkochen ließ. Er war es, der den Eindruck erweckte, als zähle nun auch Schmidt zur Kaste einer völlig abgehobenen Elite, die Wasser predigt, aber selbst maßlos zum Wein greift.

Fehlstart in Potsdam

Für Steinmeier gerät die Woche, in der eigentlich angreifen wollte, so zum Fehlstart. Die Causa Schmidt wird seinen Wahlkampf über Wochen begleiten. Noch steht in den Sternen, wann eine Prüfung der Dienstwagenaffäre abgeschlossen sein wird. So lange aber wird sie in den Medien weiter rauf und runtergedudelt werden. Eine größere Belastung für einen offensiven Wahlkampf ist kaum denkbar.

Längst diskutiert die Öffentlichkeit darüber, inwieweit auch Steinmeier selbst durch die Affäre beschädigt ist. Tenor: Der Mann ist unentschlossen, zu weich. Ein echter Machtpolitiker hätte Schmidt entweder geschasst oder aber entschlossen verteidigt. So klingt auch ein Großteil der Kommentare in der deutschen Presse. Strittig ist lediglich, ob Steinmeier überhaupt noch eine Alternative hatte.

19 Namen sollen ablenken

Er wird sich an diesem Donnerstag in Potsdam alle Mühe geben, von Ulla Schmidt und ihrer Dienstfahrt abzulenken. Seine Hoffnungen setzt er in 19 Personen. Bis zur letzten Minute haben Steinmeiers Berater und die Wahlkämpfer um SPD-Chef Müntefering die Kandidaten auf Herz und Nieren überprüft und Namen diskutiert. Damit nichts nach außen dringt, kennt nur Steinmeier selbst die endgültige Liste.

Sicher ist, dass die Minister Scholz (Arbeit), Steinbrück (Finanzen und Wirtschaft), Gabriel (Umwelt), Zypries (Justiz), Wieczorek-Zeul (Entwicklungshilfe) und Tiefensee (Verkehr) ihre Ressorts auch im Wahlkampfteam präsentieren. Müntefering steht für die soziale Gesellschaft. Nach Informationen unserer Redaktion aus Parteikreisen soll Generalsekretär Hubertus Heil das Thema Neue Medien betreuen.

Junge Kräfte für wichtige Themen

SPD-Vize Andrea Nahles kümmert sich um Bildungspolitik, Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann um Inneres. Die bundesweit noch unbekannte 35-jährige Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, soll als Gegenspielerin von CDU-Ministerin Ursula von der Leyen die Familienthemen für die SPD zurückerobern. Für Sport ist die Abgeordnete Dagmar Freitag (Märkischer Kreis) zuständig.

Ulrike Merten, Verteidigungsexpertin aus dem Rhein-Sieg-Kreis, wurde für Sicherheitsthemen ins Team geholt. Die ursprünglich für Kulturthemen ins Gespräch gebrachte Witwe des früheren NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau, Christina Rau, soll abgelehnt haben. Auch die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing ist raus. Steinmeiers Chefkoordinator Thomas Steg kümmert sich um die Außendarstellung des Kandidaten. Für Migration und Sport soll jemand von außen kommen.

Ob das umfassende Unterstützer-Team Steinmeier auf der Zielgeraden zur Bundestagswahl retten kann, sehen Experten kritisch. "Je mehr Mitglieder an seiner Seite stehen, desto blasser wirkt der Chef", kritisiert der Düsseldorfer Politologe und Steinmeier-Biograf Torben Lütjen. Das Kaufhaus-Prinzip "Die Masse macht's" funktioniere nicht, sagt auch der Ex-Wahlkampfleiter von Edmund Stoiber, Michael Spreng. Am Ende könne Steinmeier ohnehin nur einer helfen, so Spreng: "Er selbst."

(RP)
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