Wenn Kanzler krank sind Schmidt fiel in Ohnmacht, Kohl verschwieg OP

Berlin · Im Vatikan kursiert der alte Scherz, ein Papst gelte bis zwei Tage nach seinem Ableben als kerngesund. Bei ernsten Erkrankungen deutscher Kanzler sind amtliche Verlautbarungen ebenfalls höchstens Annäherungen an die Wahrheit.

 Helmut Schmidt und Helmut Kohl machten ihre gesundheitlichen Einschränkungen lieber nicht öffentlich.

Helmut Schmidt und Helmut Kohl machten ihre gesundheitlichen Einschränkungen lieber nicht öffentlich.

Foto: dpa

Das gemeine Volk und hundsgemeine Rivalen sollen nicht daran zweifeln, dass die Nummer eins im Vollbesitz seiner Kräfte ist. So erklärt es sich, dass der für Bronchial-Entzündungen anfällige Konrad Adenauer (1949-63) eine bedrohliche Lungenentzündung von seinem Vertrauten, Kanzleramtschef Hans Globke, zur Erkältung herunterstufen ließ. Offiziell hieß es, der Kanzler lutsche, wie üblich bei Husten und Heiserkeit, Blockmalz aus einer Bonner Apotheke.

Adenauers Nachfolger Ludwig Erhard (1963-66) hatte einst ein Virus aufs Bett gestreckt. Bekannt gegeben wurde nur eine Erkältung, und dass dem Kanzler schon wieder seine Zigarre schmecke. Willy Brandt (1969-74) quälten gelegentlich depressive Stimmungen.

Dann entzog er sich den Amtsgeschäften und blieb tagelang im Bett liegen. Nur Ehefrau Rut wusste Bescheid sowie Kanzleramtsminister Horst Ehmke, der es auf raue, aber herzliche Art und mit 'ner guten Flasche verstand, die Lebensgeister Brandts zu wecken. Nach seinem 1972er-Wahlsieg fürchtete der Kanzler eine heimtückische Erkrankung des Kehlkopfes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Skilanglauf in St. Moritz mit ihrem Ehemann Joachim Sauer (l.) und einem Begleiter. Bei einem Sturz hat sich die Kanzlerin eine Verletzung an der Hüfte zugezogen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Skilanglauf in St. Moritz mit ihrem Ehemann Joachim Sauer (l.) und einem Begleiter. Bei einem Sturz hat sich die Kanzlerin eine Verletzung an der Hüfte zugezogen.

Foto: Twinam

Helmut Schmidt (1974-82) litt an Schilddrüsenüberfunktion und Ohnmachtsanfällen, bis ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde. Bei Helmut Kohl (1982-98), der sich die Konstitution eines Ochsen bescheinigte, wurde 1989 eine Prostata-OP verschwiegen. Unmittelbar vor dem chirurgischen Eingriff ließ sich Kohl auf einem historischen CDU-Parteitag, wo er gestürzt werden sollte, trotz höllischer Schmerzen nichts anmerken. Der unvergessene Bonner Chronist Walter Henkels schrieb einmal ironisch über die vermeintliche Gesundheit der Mächtigen: "Eisern Vieh stirbt nie."

(Mc)
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