Brüderle gegen Röttgen Schlagabtausch über AKW-Laufzeit

Düsseldorf (RPO). Im Streit in der Regierung über die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist kein Kompromiss in Sicht. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte am Dienstag in Berlin, er halte eine Verlängerung nur für eine "sehr überschaubare Zahl von Jahren" für akzeptabel. Anders sieht es Wirtschaftsminister Rainer Brüderle.

Offizielle und inoffizielle Atommächte
Infos

Offizielle und inoffizielle Atommächte

Infos
Foto: ddp

Laut Röttgen muss "Brücke" der Atomenergie in eine von erneuerbaren Energien geprägte Energiezukunft "möglichst kurz" sein. Röttgen(FDP)sagt dagegen: "Ich habe mich immer für eine signifikante Laufzeitverlängerung ausgesprochen". "Die Brücke darf nicht so kurz sein, dass wir am Ende gemeinsam baden gehen." Brüderle hält eine Verlängerung von 15 bis 20 Jahren für diskussionsfähig.

Der Streit soll im Rahmen des neuen umfassenden Energiekonzepts entschieden werden, das die Bundesregierung im Herbst vorlegen will. Einig sind sich Röttgen und Brüderle bislang nur darin, dass der Atomenergie lediglich noch die Rolle einer "Brückentechnologie" zukommt.

Röttgen: Das Wachstum liegt bei erneuerbaren Energien

Der Umweltminister argumentierte, aus Sicherheits-, Umwelt- und Wachstumsgründen seien Kernenergie wie fossile Energieträger keine Option für die längerfristige Zukunft. Das seien allein die erneuerbaren Energien, die für eine weitgehend CO2-freie Stromerzeugung sorgen würden. Das, was man langfristig noch an Schadstoffausstoß produziere, müsse man für die industrielle Stromerzeugung reservieren. Denn ein Industrieland wolle Deutschland bleiben.

Röttgen wies das Argument zurück, die Förderung der erneuerbaren Energien treibe die Energiepreise hoch. Es sei vorrangig der begrenzte Wettbewerb am Energiemarkt, der die Preise treibe. Der Übergang zu den erneuerbaren Energien sei der Übergang zu einer dezentraleren, durch mehr Wettbewerb geprägten Energieversorgung. Gehe man diesen Weg nicht, verschenke man die Teilhabe an dem wohl wichtigsten Wachstumsfeld der Zukunft. Dabei sei Deutschland derzeit hier noch weltweit führend.

Röttgen will die Kernenergie nicht so lange wie es technisch möglich ist nutzen, sondern nur so lange, bis die erneuerbaren Energien voll entwickelt sind. Trotz des Widerstands wichtiger Koalitionspolitiker sieht Röttgen den Großteil der Bevölkerung und weite Teilen seiner Partei auf seiner Seite. "Ich bin ganz sicher, dass gerade auch die Koalitionsspitzen und die Fraktionsspitzen selbstverständlich zum Koalitionsvertrag stehen." Darin stehe, dass die erneuerbaren Energien die Kernenergie ersetzen sollen, sobald sie das verlässlich können.

Brüderle argumentiert mit hohen Preisen

Brüderle argumentierte dagegen, dass längere Laufzeiten der AKW zu geringeren Strompreisen und niedrigeren CO2-Werten führten. Ohne längere Laufzeiten werde die Energieabhängigkeit vom Ausland zunehmen. Eine Entscheidung sei nötig. "Sanfter Druck ist deshalb hilfreich und notwendig", sagte Brüderle. Wenn er von der Neigung der Fraktionsspitzen der Koalition zu deutlich längeren Laufzeiten höre, sei ihm das nicht unsympathisch. "Auch der Klimaschutz spricht für längere Laufzeiten."

Der Wirtschaftsminister zitierte bei einer Veranstaltung des BDI zur Energiepolitik aus dem Buch seines Kontrahenten Röttgen mit dem Titel "Deutschlands beste Jahre kommen noch". Darin warnt Röttgen vor einem Beharren auf dem isolierten deutschen Ausstieg aus der Atomkraft und verweist auf den international integrierten Energiemarkt. "Der Kollege hat völlig recht", sagte Brüderle. "Wir sollten uns keine nationalen Alleingänge leisten, die den Klimaschutz unnötig verteuern." Die Atomkraft sei "eine Brücke, die wir noch eine ganze Weile brauchen". Für Brüderle ist die Frage der Laufzeitverlängerung klar mit der Brennelementesteuer verbunden, die die Regierung plant. Er hält die Laufzeitverlängerung auch nicht für zustimmungspflichtig durch den Bundesrat.

(RTR/awei)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort