Auswirkungen beim Einkaufen Der Fleischwirtschaft drohen Streiks gegen Hungerlöhne

Berlin/Osnabrück · Nach Aussage eines Gewerkschaftsvertreters machen Personalkosten nur zehn Prozent des Schlachthofumsatzes aus. Am Preis würden Verbraucher den Arbeitskampf nicht spüren - aber es drohen leere Fleischtheken.

 Frisch geschlachtete Schweine im Kühlhaus des Fleischunternehmens Tönnies (Archivfoto von 2017).

Frisch geschlachtete Schweine im Kühlhaus des Fleischunternehmens Tönnies (Archivfoto von 2017).

Foto: dpa/Bernd Thissen

Im Tarifkonflikt der Fleischwirtschaft hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit Streiks gedroht, deren Folgen auch die Verbraucher zu spüren bekommen könnten. "Die aktuelle Lage kann sehr schnell definitiv bis zu einem Streik eskalieren", sagte der stellvertretende NGG-Vorsitzende Freddy Adjan den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (Samstagsausgaben). "Auch die Kollegen aus Polen und Rumänien sind nicht mehr bereit, Hungerlöhne zu akzeptieren", versicherte der Gewerkschafter.

Sollte es bei den Verhandlungen keine Einigung geben, seien auch längere Streiks nicht auszuschließen, warnte Adkan. "Dann könnte es auch leere Fleischtheken in den Supermärkten geben."

Die ersten zwei Runden der Tarifverhandlungen waren ergebnislos, kommenden Montag soll die dritte Verhandlungsrunde stattfinden. Die Arbeitgeber haben laut RND einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde vom 1. Juli an angeboten. Er soll in vier Stufen bis zum 1. Juli 2024 auf zwölf Euro erhöht werden. Die Arbeitnehmervertreter lehnen das ab.

Die NGG fordert 12,50 Euro pro Stunde für alle Beschäftigten in den Bereichen Schlachtung und Verarbeitung als Einstieg. Nach einer kurzen Einarbeitungszeit soll auf 14 Euro erhöht werden. Facharbeiter sollen in jedem Fall 17 Euro pro Stunde bekommen. Außerdem strebt die NGG Vereinbarungen über Arbeitszeit, Arbeitszeitkonten, Zuschläge und Urlaub für rund 160.000 Beschäftigte an.

Die Tarifverträge sollen von der Bundesregierung für allgemeinverbindlich erklärt werden. Damit würden sie für alle Unternehmen der Fleischindustrie gelten.

Die Gefahr höherer Preise für Fleisch und Wurst durch die geforderte Tariferhöhung sieht Adjan nicht. Die Personalkosten machten lediglich zehn Prozent des Umsatzes der Betriebe aus, sagte er. Außerdem sei bei den Kunden die Bereitschaft gestiegen, steigende Preise für Fleisch zu akzeptieren, wenn sich dafür die Arbeitsbedingungen in den Betrieben verbesserten und auf das Tierwohl geachtet werde.

In der "Neuen Osnbarücker Zeitung" verwies Adjan auf einen ersten Warnstreik in einem kleineren Schlachthof in Bayern. "Wir haben auch kein Problem damit, größere Schlachthöfe lahmzulegen", fügte er hinzu. "Wir wollen Schluss machen mit Hungerlöhnen für Knochenjobs." Bislang hätten die Arbeitgeber aber nur "inakzeptable" Angebote vorgelegt.

Den neuen Tarifvertrag durch das Bundesarbeitsministerium für allgemein verbindlich erklären zu lassen, bezeichnete Adjan in der "NOZ" als "einzige Möglichkeit, nach dem 1. April noch Leiharbeiter zu beschäftigen". Zum 1. Januar war der Einsatz von Werkverträgen in Schlachthöfen verboten worden. Für die Leiharbeit gilt noch eine entsprechende Übergangsfrist bis 1. April.

yb

(peng/AFP)
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