Die Union und das Familiensplitting Schäuble sucht den Wahlkampf — die CSU auch

Berlin · Mit dem Vorschlag, das Familiensplitting auch für gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern einzuführen, stößt Finanzminister Wolfgang Schäuble eine neue-alte Diskussion in der Union an – und macht zugleich Wahlkampf. Aus der CSU jedenfalls kommen kritische Töne für den Vorschlag. Kein Wunder, muss die Partei doch ebenso wie die CDU in diesem Jahr eine Wahl gewinnen.

Mit dem Vorschlag, das Familiensplitting auch für gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern einzuführen, stößt Finanzminister Wolfgang Schäuble eine neue-alte Diskussion in der Union an — und macht zugleich Wahlkampf. Aus der CSU jedenfalls kommen kritische Töne für den Vorschlag. Kein Wunder, muss die Partei doch ebenso wie die CDU in diesem Jahr eine Wahl gewinnen.

Der Finanzminister hatte im Interview mit unserer Redaktion im Bezug auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesagt: "Die Steuervorteile müssen für alle Paare gelten, die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Trotzdem kann die Politik Ehe und Familie besonders fördern." Auch merkte Schäuble an, dass die CDU das Familiensplitting offensiv im Wahlkampf bewerben solle. Damit stößt der CDU-Politiker die Tür zu einer Debatte auf, die eigentlich gerade erst geschlossen worden war.

Denn nach intensiver Debatte innerhalb der Union war das Thema eigentlich vom Tisch. Die CDU-Spitze hatte sich erst kürzlich gegen eine Gleichstellung ausgesprochen. Und auch auf dem Parteitag im Dezember hatte eine große Mehrheit die totale steuerrechtliche Gleichheit abgelehnt. Entsprechend reagierte neben den Grünen auch umgehend die CSU auf den Schäuble-Vorstoß.

Dobrindt: Ehegattensplitting bleibt

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte sich in der "Berliner Zeitung" dagegen ausgesprochen, bei der Einführung des Familiensplittings das Ehegattensplitting aufzugeben. Das werde auf jeden Fall bleiben, so Dobrindt. Er sagte aber auch: "Zuzüglich kann es Familienleistungen geben." Die Position der CSU verwundert nicht, denn die Partei will das konservative Stammklientel der Partei nicht vertreiben und hat neben der Bundestagswahl auch im September die Landtagswahl, die es zu gewinnen gilt.

Aber auch Schäuble macht mit seiner Aussage wohlkalkulierten Wahlkampf. Denn auch der Finanzminister dürfte bewusst registriert haben, dass das Bundesvefassungsgericht in jüngster Zeit vermehrt die Rechte eingetragener Lebensgemeinschaften gestärkt hat. Zuletzt etwa hatte Karlsruhe dem Bundestag bis Mitte Juni Zeit gegeben, die rückwirkende Gleichstellung bei der Grunderwerbssteuer sicherzustellen. Noch geht es vor dem Bundesverfassungsgericht zwar nicht um das Ehegattensplitting, doch die Zeichen deuten darauf hin, dass es in Karlsruhe durchaus einmal Thema werden könnte.

Entsprechend wagt Schäuble einen Vorstoß, den Karlsruhe der Politik irgendwann vorgeben könnte. Der Minister, der dies durchaus mit der Kanzlerin abgesprochen hatte, hatte den Vorschlag selbst damit begründet, dass der Gesetzgeber die veränderten gesellschaftlichen Realitäten anerkennen müsse — und öffnet somit zugleich die Tür für mögliche potenzielle neue CDU-Wähler.

Zumal er innerhalb der Union mindestens zwei starke Befürworterinnen der steuerrechtlichen Gleichstellung hat: nämlich Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Kristina Schröder — also auch genau die Ressorts, die mit dem Thema betraut sind.

Die SPD stritt derweil über Tempo 120

Da Schäuble aber auch weiß, wie umstritten das Thema in der Union ist und dass es neuen Zoff auslösen könnte — was etwa die Reaktion Dobrindts zeigt — hatte er auch deutlich gemacht, dass dies ein Thema für die nächste Legislaturperiode sein solle. Also ganz nach dem Motto: Kein neues Streitthema aufmachen, aber auch zeigen, dass die Union durchaus modern ist.

Es ist ein geschickter Schachzug in Wahlkampfzeiten, zumal sich die SPD-Spitze gerade erst wieder öffentlich über das Thema Tempo 120 gestritten hatte. Und auch die CSU stellt sich zwar gegen Schäuble, doch einen großen Aufschrei über den Vorstoß gibt es nicht. Zumal innerhalb der Partei bekannt ist, dass Schäuble ein Befürworter der steuerrechtlichen Gleichstellung homosexueller Paare ist. Und auch von der FDP war bislang keine Reaktion zu vernehmen. Ob sich dieser Weg am Ende auszahlt, müssen aber die Wähler entscheiden — und zwar bei der Bundestagswahl im September.

mit Agenturmaterial

(das)
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