Vorwürfe von SPD gegen früheren Innenminister Schäuble hat Gefahren von Rechts unterschätzt

Berlin · Die SPD hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgeworfen, in seiner Amtszeit als Bundesinnenminister die Gefahren des Rechtsextremismus unterschätzt zu haben.

NPD-Verbotsantrag - ein riskantes Unterfangen
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Schäuble habe im Jahr 2006 eine schwere Fehlentscheidung getroffen, als er die für den Rechts- und den Linksextremismus zuständigen Abteilungen im Bundesamt für Verfassungsschutz zusammengelegt habe, sagte die Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD) der "Süddeutschen Zeitung".

Högl ist SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss des Bundestages, der das Behördenversagen bei der Mordserie der Zwickauer Zelle aufklären soll.

Der Präsident des Bundesamts, Heinz Fromm, der derzeit wegen vernichteter Akten unter Druck steht, habe damals eindringlich vor einer Fusion der Verfassungsschutzabteilungen gewarnt, schreibt die Zeitung unter Berufung auf einen internen Schriftwechsel. Die Zusammenlegung könnte als "Vernachlässigung" des Bereichs Rechtsextremismus aufgefasst werden, schrieb Fromm dem Ministerium.

Er wolle dringend abraten. Gegen seinen Widerstand habe sich Schäuble durchgesetzt, berichtet die SZ. Nach dem Auffliegen der rechten Terrorzelle, die für zehn Morde verantwortlich gemacht wird, sei die Fusion der Abteilungen Anfang 2012 wieder rückgängig gemacht worden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" bereits im März 2003 konkrete Hinweise auf ein Netz rechter Terrorzellen in Deutschland erhalten. Das gehe aus einem Schreiben des italienischen Staatsschutzes AISI an das BfV vom 14. Dezember 2011 hervor, schreibt das Blatt in seiner Montagausgabe.

In dem Schreiben verweise der italienische Dienst auf eine bereits am 21. März 2003 dem Kölner Bundesamt übermittelte Information. Darin sei es um ein Treffen europäischer Neonazis im belgischen Waasmunster im November 2002 gegangen, auf dem italienische Rechtsextremisten "bei vertraulichen Gesprächen von der Existenz eines Netzwerks militanter europäischer Neonazis erfahren" hätten.

Aus dem AISI-Schreiben geht laut "Berliner Zeitung" auch hervor, dass deutsche Neonazis insbesondere aus Bayern und Thüringen seit Jahren enge Beziehungen nach Italien pflegen. Der inhaftierte mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben etwa habe mehrfach an Treffen mit Gruppen wie "Skinhead Tirol Sektion Meran" und "Veneto Fronte Skinheads" in Italien teilgenommen und Geld übergeben "für die Unterstützung von Kameraden, die sich in Schwierigkeiten befinden".

2008 hätten zudem Südtiroler Skinhead-Gruppen dem AISI-Bericht zufolge bei einem Treffen mit deutschen Neonazis aus Bayern und Franken "über die Möglichkeit der Durchführung fremdenfeindlicher 'exemplarischer Aktionen' diskutiert und eine detaillierte Kartenauswertung vorgenommen, um Geschäfte (Kebaps und andere) ausfindig zu machen, die von außereuropäischen Staatsangehörigen geführt werden".

(dpa/rtr)
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