Verfassungsschutzbericht Schäuble: Deutschland droht "neue Qualität des Terrors"

Berlin (RPO). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble warnt, Deutschland müsse mit "einer neue Qualität terroristischer Aktivitäten" rechnen. Nach wie vor stellten islamistische Täter die größte Gefahr dar. Doch auch von Links droht Schäuble zufolge neue Gewalt. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht weist eine deutliche Zunahme von politisch motivierten Straftaten aus.

So will Innenminister Schäuble gegen den Terror kämpfen
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Foto: ddp

Die fehlgeschlagenen Kofferbomben-Attentate auf Regionalzüge sowie Terrorvideos im Internet wiesen auf eine neue Qualität der terroristischen Bedrohung hin, sagte der CDU-Politiker am Dienstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2006.

Anzeichen für einen Rechtsterrorismus oder einen neuen Linksterrorismus gibt es dagegen nicht. Allerdings stellte der Verfassungsschutz eine zunehmende Verflechtung der NPD mit der Neonaziszene fest. Einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot lehnte Schäuble trotzdem ab.

Laut Verfassungsschutzbericht stieg die Zahl politisch motivierter Straftaten im vergangenen Jahr um 2.649 auf 29.050. Besonders groß war der Zuwachs bei den rechtsextremistischen Straftaten, die um 14,6 Prozent auf 17.597 zunahmen. Darunter waren 1.047 Gewaltdelikte.

Schäuble bezeichnete den Rechtsextremismus in Deutschland als stetig wachsendes Problem. Fremdenfeindliche Einstellungen entwickelten sich zu einem Teil der gesellschaftlichen Realität, sagte der Innenminister. "Dieser alarmierenden Entwicklung müssen wir mit Entschiedenheit entgegentreten."

Anhaltspunkte für einen Rechtsterrorismus gibt es laut Verfassungsschutz nicht. Mit Sorge beobachtet die Behörde aber den Aufstieg von Neonazis in die Führung der NPD-Landesverbände. Inzwischen säßen Neonazis in elf von 16 Landesvorständen, sagte Schäuble. Rechtliche Schritte gegen die Partei lehnte er aber ab. Wenn ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt würde, müsste die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz für die Dauer des Verfahrens eingestellt werden. Das wäre aber aus sicherheitspolitischen Erwägungen nicht sinnvoll.

Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat hatten Anfang 2001 ein Verbot der NPD beantragt. Zwei Jahre später platzte das Verfahren allerdings, nachdem bekannt wurde, dass sich das Beweismaterial teilweise auf Aussagen von V-Leuten des Verfassungsschutzes stützte. Im vergangenen Jahr hatten SPD-Fraktionschef Peter Struck und mehrere SPD-Ministerpräsidenten einen neuen Versuch gefordert.

Keine neue RAF

Schäuble wies auch im Hinblick auf den G-8-Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni auf die Gewaltbereitschaft in der linksautonomen Szene hin. "Wir werden nicht zulassen, dass mögliche Gewalttaten den ordnungsgemäßen Verlauf des G-8-Gipfels beeinträchtigen", betonte der Innenminister. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm schloss Ausschreitungen bei den angekündigten Demonstrationen nicht aus. Zudem könne es zu Anschlägen auf Objekte kommen, die in Zusammenhang mit dem Thema G-8 stehen.

Meldungen über eine neue RAF bezeichnete Fromm allerdings als völlig gegenstandslos. "Im Moment gibt es dafür keine Belege." Fromm und Schäuble wiesen allerdings darauf hin, dass bei Anschlägen linker Gruppierungen auf Häuser oder Autos Verletzungen von Menschen in Kauf genommen würden. Es gebe in der Szene auch eine Diskussion darüber, ob man zu Anschlägen auf Personen zurückkehren solle, sagte Fromm. "Im Moment können wir das nicht erkennen", fügte er aber hinzu.

Linkspartei wird weiter beobachtet

Im Kapitel Linksextremismus des 333 Seiten starken Verfassungsschutzberichtes taucht auch die Linkspartei auf. Schäuble verteidigte die anhaltende Beobachtung der Partei. "Das ist ja nicht eine Frage, die man von Wahlergebnissen abhängig macht", sagte er in Anspielung auf den Einzug der Linkspartei in die Bremer Bürgerschaft.

Es gebe weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen im Sinne des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Dazu zählten programmatische Aussagen zum Ziel der Systemüberwindung, Duldung und Förderung offen linksextremistischer Strukturen innerhalb der Partei, Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Linksextremisten und ein in Teilen ambivalentes Verhältnis zum Parlamentarismus.

(ap)
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