Überschüsse sollen an Bund gehen Schäuble darf sich über Kassen-Milliarden freuen

Berlin · Abschaffung der Praxisgebühr, Senkung der Beitragssätze: Viel war über die Verwendung des Milliardenüberschusses der gesetzlichen Krankenkassen gestritten worden. Nun zeichnet sich einem Medienbericht zufolge ein Kompromiss ab. Demnach soll die Krankenversicherung einen Teil ihres Überschusses an den Bundeshaushalt abtreten. Aus der Koalition kommen Dementis.

Gleichzeitig solle der Beitragssatz für die Versicherten spätestens zum 1. Januar 2013 um 0,1 Prozentpunkte auf dann 15,4 Prozent sinken, berichtet die "Frankfurter Rundschau" aus den Verhandlungen in der schwarz-gelben Koalition. Die angestrebte Beitragssenkung um 0,1 Prozentpunkte würde Versicherte und Arbeitgeber um insgesamt eine Milliarde Euro entlasten.

Dementi aus der Koalition

Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) mahnte zu "Vorsicht, Achtsamkeit und Zurückhaltung". Würden alle derzeit kursierenden Vorschläge umgesetzt, wäre von dem Geld bald gar nichts mehr da, sagte Singhammer der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Angesichts möglicher Zukunftsbelastungen müsse man es aushalten können, auch mal eine Weile mit Überschüssen zu leben.

Das Gesundheitsministerium, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wie auch Singhammer widersprachen entschieden Medienberichten über Konturen einer Einigung. "Die Gespräche laufen noch. Es ist noch nichts entschieden", sagte eine Sprecherin von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) in Berlin.

Wird die Reserve um zwei Milliarden gekürzt?

Den Informationen zufolge laufen die Gespräche von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) darauf hinaus, dass die Reserve des Gesundheitsfonds einmalig um rund zwei Milliarden Euro gekürzt wird. Der jährliche Steuerzuschuss des Bundes in Höhe von 14 Milliarden Euro soll zudem befristet für mindestens zwei Jahre abgesenkt werden. Der genaue Betrag sei noch unklar.

Für die Zugeständnisse an Schäuble soll der Gesundheitsminister laut "FR" mehrere 100 Millionen Euro für seine Pflegereform erhalten. Schäuble habe seinen Widerstand gegen die Forderung Bahrs aufgegeben, den Abschluss privater Pflegezusatzversicherungen auch mit direkten Zulagen zu fördern.

Schäuble wollte bisher nur Steuervorteile gewähren, weil das für den Bund billiger ist. Davon hätten aber nur Gutverdiener profitiert. Bahr will jedoch mit den Zulagen vor allem Geringverdiener von einer privaten Vorsorge für den Pflegefall überzeugen. Vom Tisch ist laut "FR" die Forderung der FDP, die hohen Reserven der Kassen auch zur Abschaffung der Praxisgebühr zu nutzen.

Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring beharrt alledings auf der Forderung, die Praxisgebühr abzuschaffen. "Der Koalitionsvertrag gilt nicht nur für die FDP, sondern auch für die Union", sagte Döring am Samstag auf einem Landesparteitag der schleswig-holsteinischen FDP. "Weniger Bürokratie als die Nichterhebung (der Praxisgebühr) kann ich mir persönlich nicht vorstellen." Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, eine Reform der Gebühr zu prüfen. Die Union sei die einzige Kraft, die einst für die Praxisgebühr gewesen sei und sich noch vor den rollenden Zug stelle, sagte Döring.

(dpa)
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