Auftritt bei Günther Jauch Sarrazin verteidigt sein Anti-Euro-Buch

Berlin · Der Ex-SPD-Politiker Thilo Sarrazin hat sein neues Anti-Euro-Buch und seine viel kritisierte Bezugnahme auf die deutsche NS-Vergangenheit verteidigt. Er wehre sich gegen die Tendenz, dass Deutschland jenseits des Euro auch noch die Schulden anderer Länder übernehme wegen der Schuld der Vergangenheit.

Thilo Sarrazin liebt klare Worte
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Foto: AP

Dies müsse getrennt werden, sagte der frühere Bundesbanker am Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Günther Jauch". Er diskutierte dort in einem Streitgespräch mit dem früheren Bundesfinanzminister und möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Sarrazin hatte bereits mit einem früheren Buch zur Integration viel Kritik hervorgerufen.

Sarrazin argumentierte, dass schon Altkanzler Helmut Schmidt Ende 2011 auf einem SPD-Parteitag einen Bogen geschlagen habe von der deutschen Schuld am Holocaust bis hin zur gemeinsamen Währung.

Steinbrück warf Sarrazin vor, Schmidt falsch zu zitieren. Schmidt habe gesagt, wenn die Ur-Motive der europäischen Integration und die deutschen Verpflichtungen aus der Geschichte nicht präsent seien, dann fehlten die politischen Voraussetzungen zur Löung der derzeitigen prekären Lage in Europa.

Dem stimme er voll zu, sagte Steinbrück: "Deutschland hat eine europapolitische Verantwortung." Daraus ergäben sich Solidaritätsverpflichtungen, um eine Erschütterungsdynamik in Europa zu verhindern.

Steinbrück warf Sarrazin eine platte ökonomische Analyse vor und nannte einige Thesen "Bullshit". Der Euro bedeute nicht nur Binnenmarkt und Währung, sondern auch europäische Zivilisation.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Sarrazin liegt erneut falsch. Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte und wird es bleiben." Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider nannte Sarrazins Kritik am Euro "nationalistisch und reaktionär". In der "Passauer Neuen Presse" sagte er: "Praktisch sind wir weit über den Punkt hinaus, dass wir einer Rückabwicklung des Euro noch zustimmen könnten." Eine Renationalisierung würde Deutschland aber auch schaden.

Zu Sarrazins Vorwurf, SPD und Grüne seien mit ihren Forderungen nach Eurobonds getrieben von "einem sehr deutschen Reflex", mit Geld Buße für Holocaust und Weltkrieg zu tun, sagte Schneider: "Mit diesen Äußerungen diskreditiert sich Herr Sarrazin selbst." Er versuche durch steile Thesen Aufmerksamkeit zu erhalten, um sein Buch zu verkaufen.

Sarrazin selbst freute sich in der Sendung über die Medienberichterstattung über sein Buch: Selbst wenn sie negativ sei und bei einem überwiegenden Teil der Leser verfange, führe sie doch dazu, dass ein anderer Teil sein Buch lesen wolle.

(dpa)
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