Rot-Rot und Schwarz-Gelb hoffen Saar-Grüne vor der Entscheidung

Saarbrücken (RPO). In Saarbrücken soll es am Sonntag endlich zur Entscheidung kommen, welche Parteien miteinander koalieren. Rot-Rot-Grün oder Jamaika - "Auf Grün kommt es an", so der Wahlkampf-Slogan der Grünen in ungebrochener Aktualität.

Gewinner und Verlierer der Landtagswahlen
17 Bilder

Gewinner und Verlierer der Landtagswahlen

17 Bilder

An vielen Laternenmasten im Saarland prangt noch immer der Slogan der Grünen aus dem Dauerwahlkampf zu Kommunalparlamenten, Landtag und Bundestag. Zum Kummer aller anderen Parteien ist der Spruch an der Saar auch sechs Wochen nach der Landtagswahl immer noch aktuell. Rot-Rot-Grün oder Jamaika - am Sonntag wollen sich die Grünen nun aber auf einem Parteitag in Saarbrücken endlich entscheiden, in welcher Konstellation das kleinste Flächenland der Bundesrepublik die nächsten fünf Jahre regiert werden soll.

Denn allen Funktionsträgern ist klar: Weitere Verzögerungen würden die Gefahr mit sich bringen, dass doch noch eine große Koalition aus CDU und SPD ins Gespräch käme und die Saar-Grünen ihre große Chance verpassten.

Im Wahlkampf hatte Parteichef Hubert Ulrich noch die Hoffnung genährt, es könnte für eine Ampel aus SPD, FDP und Grünen reichen, damit man sich nicht zwischen "Pest und Cholera" entscheiden müsse - gemeint waren hier die CDU unter Ministerpräsident Peter Müller und die Linke mit Oskar Lafontaine an der Spitze. Doch der Wähler wollte es anders. Trotz des eher mageren Ergebnisses von 5,9 Prozent sahen sich die Grünen plötzlich in der Rolle des Züngleins an der Waage.

Seitdem werden sie von beiden Lagern umworben, bedrängt und gelockt. Was zunächst nach einem Luxusproblem aussah, hat sich für die saarländischen Grünen inzwischen zu einer echten Zwickmühle entwickelt.

Linke und CDU räumen Stolpersteine aus dem Weg

Schuld daran sind paradoxerweise die für die Grünen überaus erfolgreichen Ergebnisse der Sondierungsgespräche. Die Linke hat sich mit dem Auslaufen des Bergbaus abgefunden und damit einen großen Stolperstein aus dem Weg geräumt. Vor allem aber die Zugeständnisse von Seiten der CDU und der FDP verschlugen selbst manchem altgedienten Parteimitglied die Sprache. "Ich bin selbst noch nicht hundertprozentig entschlossen", sagte beispielsweise der frühere Landesvorsitzende Gerold Fischer nach der ersten von drei Regionalkonferenzen, auf denen die Mitglieder bis ins Detail informiert wurden und ihre Meinung kundtun konnten.

Besonders in dem zentralen Thema der Bildungspolitik haben die Grünen "von der CDU ein sehr weitreichendes Angebot erhalten", berichtet der neugewählte Landtagsabgeordnete Markus Schmitt. Zwar ist bei den Forderungen nach längerem gemeinsamen Lernen und echten Ganztagsschulen die Nähe zu SPD und der Linken noch größer und auch in den Programmen nachlesbar. Doch haben die Kompromissangebote von CDU und FDP einen besonderen Reiz: Eine Verfassungsänderung, um eine grundlegende Neuordnung langfristig abzusichern, ist nur mit den Stimmen der Christdemokraten möglich.

"Was ist für uns die tragfähigere Grundlage", fragt denn auch ein Grünen-Mitglied nach einer der drei Regionalkonferenzen in dieser Woche, ohne sich auf eine Antwort festzulegen. Einige seiner Parteifreunde macht gerade die großen Zugeständnisse, zu denen auch das Angebot von zwei zentralen Ministerien und das Bekenntnis zum Atomausstieg gehört, misstrauisch. "Die müssten sich ja total verbiegen", erklärt eine Diskussionsteilnehmerin, die Ministerpräsident Müller "nicht über den Weg traut".

Abneigung gegen Müller und Lafontaine

Vorbehalte bis hin zu tiefer Abneigung schlagen aber auch den Linken entgegen. Es ist längst nicht vergessen, dass Lafontaine die Grünen im Wahlkampf zunächst "aus dem Landtag kegeln" und sie mit der Warnung an den Rand drängen wollte, wer "grün" wähle, werde sich "schwarz ärgern". Zudem hatte Ulrich immer betont, er wolle SPD-Chef Heiko Maas zum Ministerpräsidenten wählen, habe aber erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit einiger Linken-Abgeordneter aus dem Dunstkreis einer zur Linkspartei übergetretenen Ex-Parteifreundin.

So läuft es für viele Grüne auf die Abwägung hinaus zwischen größerer programmatischer Nähe zu Rot-Rot und einer möglicherweise größeren Stabilität mit Schwarz-Gelb. Die Saarbrücker Basis neigt offenbar eher der linken Alternative zu, während ländlichere Gebiete auch die "bürgerliche" Lösung attraktiv finden. "Ich werde so abstimmen, wie Hubert Ulrich es empfiehlt. Schließlich hat er unglaublich viel für uns herausverhandelt", gibt ein Delegierter des Parteitags seinem Vorsitzenden einen Vertrauensvorschuss.

Doch Ulrich will erst am Sonntag seine persönliche Entscheidung bekanntgeben. Auch wenn es am Ende nur eine knappe Mehrheit für eine Option geben sollte, ist es ihm wichtig, dass alle das Ergebnis des langen Diskussionsprozesses mittragen können. "Ich bin guter Dinge, dass wir die Partei zusammenhalten werden", gibt sich Ulrich überzeugt.

(AP/jre)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort