"Orden wider den tierischen Ernst" Rüttgers wird für seinen Humor geadelt

Düsseldorf (RP). Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident wird im nächsten Jahr der 60. Träger des Aachener "Ordens wider den tierischen Ernst" sein. Das hat der Aachener Karnevalsverein beschlossen – und dabei wohl auch an die eigene Kasse gedacht.

Das ist Jürgen Rüttgers
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Düsseldorf (RP). Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident wird im nächsten Jahr der 60. Träger des Aachener "Ordens wider den tierischen Ernst" sein. Das hat der Aachener Karnevalsverein beschlossen — und dabei wohl auch an die eigene Kasse gedacht.

Diesen Termin wird sich Jürgen Rüttgers mit Wonne in seinen Kalender eintragen: Der Ministerpräsident, der kraft Amtes alljährlich die Verdienste vieler Bürgern würdigt, erhält auch mal wieder eine Auszeichnung. Am 30. Januar verleiht ihm der Aachener Karnevalsverein (AKV) den renommierten "Orden wider den tierischen Ernst".

Am Dienstag hat die AKV-Mitgliederversammlung zugestimmt, Rüttgers zum 60. Ordensträger zu adeln. Vorgespräche, so wurde vorab verraten, seien schon seit längerer Zeit geführt worden. Am vergangenen Wochenende seien sie "durch eine Zusage gekrönt" worden. "Gekrönt" — da schwingt unüberhörbar eine gehörige Portion Stolz mit, aber auch Erleichterung. Denn Rüttgers garantiert volle Säle und damit Geld in der Kasse, das der AKV gut brauchen kann. Doch auch Rüttgers kann sich freuen: Immerhin ist er der erste Ministerpräsident dieses Landes, dem die weithin beachtete Auszeichnung zuteil wird.

Er reiht sich damit ein in die prominente Schar der bislang 59 Ordensritter. Zu ihnen zählt der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer, der 1959 für sein "Talent, komplizierte Sachverhalte einfach darzustellen", ausgezeichnet wurde. Der ehemalige NRW-Kultusminister Paul Mikat fiel dem AKV durch "seine hemdsärmelige Art, vermeintliche Persönlichkeiten auf Normalmaß zu stutzen", auf — den Orden erhielt er 1965. Verteidigungsminister Helmut Schmidt wurde 1972 geehrt, weil er es den Soldaten gestattete, die Haare ein wenig wachsen zu lassen.

Weitere Träger des Ordens sind Ex-Bundespräsident Walter Scheel (1974), Ephraim Kishon (1978), Friedrich Nowottny (1984), Norbert Blüm (1985), Franz Josef-Strauß (1989) und Edmund Stoiber (2000) — "wegen seiner unfreiwillig komischen Versprecher".

2003 wurde der damalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking "für die Verbindung aus wirtschaftlicher Kompetenz und Menschlichkeit" gewürdigt — von Abfindung war da noch keine Rede. Bischof Karl Lehmann (2005), Friedrich Merz (2006) und Air-Berlin-Chef Joachim Hunold (2007) setzten die Reihe fort. Hunolds Auftritt, der mit reichlich Schleichwerbung in eigener Sache garniert war, sorgte allerdings für Verdruss unter den Aachener Edelnarren und führte dazu, dass der WDR die Sendung nur noch im Regionalprogramm zeitversetzt ausstrahlte. (Übrigens war es Rüttgers, der im Mai dieses Jahres an den WDR appellierte, an der Übertragung der Ordensverleihung festzuhalten).

Mit ihrer stimmgewaltigen Darbietung riss Fürstin Gloria von Thurn und Taxis 2008 das Publikum zu Beifallsstürmen hin. Als ob sie geahnt hätte, wer ihr einst folgen würde, frotzelte die Fürstin, Stoiber sei wegen zu viel Erfolgs gegangen worden — "das könnte dem Rüttgers nicht passieren".

Nachdem im vergangenen Jahr die Wahl auf den Schauspieler Mario Adorf gefallen war, nun also Rüttgers. Der versierte Rhetoriker wird keine Mühe haben, sich als würdiger Ordensträger zu präsentieren. Der AKV will nach den eigenen Statuten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ehren, "die sich durch Individualität, Beliebtheit, soziales Engagement und Mutterwitz auszeichnen, vor allem aber Humor und Menschlichkeit beweisen". Individualität hat Rüttgers mit seinen Sticheleien gegen den Mainstream der Bundes-CDU schon häufig bewiesen. Beliebtheit? In Umfragen liegt er klar vor seiner SPD-Herausforderin Hannelore Kraft. Soziales Engagement — das liegt dem "eigentlichen Vorsitzenden der Arbeiterpartei" (Rüttgers über sich selbst). Bleiben Mutterwitz und Humor. Kostprobe im Originalton Rüttgers: "Helmut Kohl hat einmal gesagt: Sie glauben gar nicht, wie viel in einen Menschen hineingeht, wenn es umsonst ist." Verschmitzt pflegt Rüttgers hinzuzufügen "Also wenn das der Helmut Kohl sagt ..."

Nicht allen wird freilich die Auswahl des AKV schmecken. Vor allem die SPD dürfte die Personalie — drei Monate vor der Landtagswahl — als Wahlkampfhilfe für Rüttgers werten — und sich tierisch ärgern.

(RP)
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