Debatte um CDU-Ausrichtung Rüttgers fordert linkeren Kurs

Berlin (RP). CDU-Vize Jürgen Rüttgers wirbt für eine sozialere Richtung seiner Partei und will SPD-Wähler locken. Unter anderem denkt er dabei an Korrekturen der Hartz-IV-Reformen. Aufgabe der Union sei es, sowohl die Johannes-Rau-Wähler wie die Helmut-Schmidt-Wähler zu gewinnen. Dem Koalitionspartner FDP wirft er Klientel-Politik vor.

Das ist Jürgen Rüttgers
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In einem Beitrag für das bisher unveröffentlichte Buch "Wohin steuert Deutschland. Bundestagswahl 2009" spricht sich der stellvertretende CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für Korrekturen an den Hartz-IV-Reformen aus. Zudem empfiehlt er seiner Partei einen deutlicheren sozialeren Kurs.

"Wer ein Leben lang hart gearbeitet und in die Solidarversicherung eingezahlt hat, darf nach einem Jahr Arbeitslosigkeit nicht so behandelt werden wie jemand, der kaum erwerbstätig war", schreibt Rüttgers in dem Beitrag, der unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Die Hartz-IV-Regel verstoße gegen ordnungspolitische Grundsätze und widerspreche "jedem Gerechtigkeitsempfinden".

Auch das Schonvermögen bei Hartz-IV-Empfängern ­ jener Teil des Vermögens, der nicht auf die staatlichen Leistungen angerechnet werden darf ­ müsse erhöht werden. "Wer für sein Alter privat vorsorgt, muss dafür belohnt und nicht bestraft werden. Wird er arbeitslos, dürfen nicht Teile der privaten Altersvorsorge angerechnet werden. Sonst droht Abhängigkeit im Alter und Altersarmut. Wir brauchen deshalb ein höheres Schonvermögen." Die CDU müsse in den Zeiten des Wandels "vor allem eine Politik der Solidarität und der neuen Sicherheit machen".

Die SPD habe ihre Stammwählerschaft, die Arbeiter und Facharbeiter, verloren, schreibt der CDU-Vize in dem vom früheren SPD-Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig und dem Politikwissenschaftler Joachim Raschke herausgegebenem Buch. "Jetzt ist es Aufgabe der CDU, sowohl die Johannes-Rau-Wähler wie die Helmut-Schmidt-Wähler zu gewinnen."

Die CDU dürfe sich nicht zu sehr auf ihre Stammwähler verlassen. Wenn die Menschen erlebten, dass die sozialen Unterschiede krasser werden, müsse die Politik dafür sorgen, dass die sozialen Unterschiede nicht zu unüberwindbaren Hürden werden. "Gerade die CDU muss sich hier bewähren. Sie muss soziale Aufstiegschancen für alle schaffen."

Der FDP, Koalitionspartner des Ministerpräsidenten in NRW, wirft Rüttgers Klientelpolitik vor. "Die FDP reagiert auf fast alle politischen Probleme mit ihrem alten Mantra: weniger Staat, mehr Markt", kritisiert Rüttgers. Steuersenkungen und Schuldenabbau gingen in Zeiten der Wirtschaftskrise aber nicht zusammen. Zudem würden die von den Liberalen geplanten Steuersenkungen fast ausschließlich den gut bis sehr gut Verdienenden zugute kommen. Rüttgers: "Damit bedient man die Interessen einer bestimmten Schicht; eine Politik, die sich um die Einheit der Gesellschaft kümmert, sieht anders aus."

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