Nachfolge von Lambrecht Personal-Poker und kein Ausweg

Meinung | Berlin · Eigentlich wollte Christine Lambrecht schon vor der letzten Wahl ihre Karriere in der Bundespolitik beenden. Doch dann machte Kanzler Olaf Scholz (SPD) sie überraschend zur Bundesverteidigungsministerin. Nun ist die 57-jährige Juristin zurücktreten. Warum das richtig ist – und ein Nachfolger schnell her muss.

Das ist Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht
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Das ist Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht

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Foto: dpa/Ján Krošlák

Christine Lambrecht ist zurückgetreten. Die Verteidigungsministerin hat Kanzler Olaf Scholz um ihren Rücktritt gebeten. Aufatmen an vielen Stellen, besonders im Ministerium und der Truppe selbst. Lambrecht und das Verteidigungsministerium - das war ein großes Missverständnis. Gut, dass das Kapitel beendet ist. Der SPD-Politikerin gebührt Respekt, dass sie den Schritt selbst entschieden hat. Dass sie allerdings als erstes die „monatelange mediale Fokussierung auf meine Person“ anführt, die „eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger“ kaum zulasse - das ist schwach. Die mediale Berichterstattung stützte sich auf Handlungen und Entscheidungen der Ministerin, die über jahrelange politische Erfahrung - unter anderem als Justizministerin - verfügt.

Verteidigungsministerin ist ein undankbarer Job. Der Baustellen gibt es viele. Doch viele der Pannen waren haus- und handwerklich eben schlecht gemacht. Deswegen war Lambrechts Rücktritt folgerichtig.

Umso erstaunlicher ist es, dass der Kanzler am Montag noch keinen Nachfolger präsentieren konnte. Lambrecht soll schon längere Zeit mit dem Gedanken gespielt haben, das Amt niederzulegen. Innenministerin Nancy Faeser will in Hessen antreten - auch ihr Amt könnte also im Laufe des Sommers zur Disposition stehen. Die Personal-Reserve in der Partei scheint nicht besonders groß. Zumal dann, wenn der Kanzler an der Parität festhalten möchte.

Bereits am Donnerstag wird der US-Verteidigungsminister in Deutschland erwartet. Peinlich, wenn ihn dann niemand auf Rang- und Augenhöhe begrüßen kann. Scholz sollte auch dem Eindruck begegnen, dass niemand das Amt übernehmen möchte. Allerdings befindet sich der Regierungschef in einer Zwickmühle: Zieht er etwa SPD-Chef Lars Klingbeil ab, so läuft er Gefahr, dass die SPD ihm nicht mehr in dieser Form folgen wird. Klingbeil, ein Scholz-Vertrauter, ist derzeit ein Garant dafür, dass der linke Flügel der Partei nicht das Ruder übernimmt. Sozialminister Hubertus Heil macht wiederum aus Scholz Sicht einen guten Job in seinem Ressort - auch hier würde eine Leerstelle bleiben. Bleibt die Wehrbeauftragte Eva Högl, die allerdings noch keine Erfahrung als Ministerin hat. Bliebe jemand von außerhalb der Politik, vom Militär-Fach sozusagen. Warum eigentlich nicht? Pannenreicher als das letzte Jahr kann es kaum werden.

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