Interview mit Katja Kippling "Rot-Rot-Grün scheitert nicht an der Linken"

Die neue Chefin der Linkspartei, Katja Kipping, ist offen für ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis auf Bundesebene nach der Bundestagswahl 2013. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Kippling über Koalitionsoptionen für 2013 und die Wahlkampfstrategie ihrer Partei.

Pressestimmen zum Linken-Parteitag
Infos

Pressestimmen zum Linken-Parteitag

Infos
Foto: RPO

"Wenn es möglich ist, einen Mindestlohn einzuführen, die Hartz-IV-Sanktionen abzuschaffen und Kriegseinsätze der Bundeswehr zu verhindern, dann scheitert eine rot-rot-grüne Regierung nicht an uns", sagte Kipping im Interview mit unserer Redaktion. Die Linke-Politikerin betonte, allerdings sei der Trend bei der SPD, dass sie lieber den Vizekanzler in einer Regierung unter Angela Merkel (CDU) stellen wolle. Zugleich forderte Kipping eine Erbschaftsteuer von 60 Prozent für hohe Vermögen. Das Interview:

Ein Jahr noch bis zur Bundestagswahl — was wollen Sie als neue Parteichefin bis dahin erledigen?

Kipping: Wir werden in einer breiten Debatte in der Partei ein Wahlprogramm erarbeiten, und wir müssen eine Wahlstrategie festlegen. Wir wollen innerparteilich ein Klima schaffen, dass die Linken gerne wieder neue Mitglieder gewinnen, weil sie auf ihre Partei stolz sind. Außerdem will ich beim Handy auf einen Touchscreen-Bildschirm umsteigen. Das erscheint mir gerade komplizierter zu sein, als ein Wahlprogramm zu schreiben.

Beim Parteitag in Göttingen gab es ein tiefes Zerwürfnis in der Linkspartei. Wie wollen Sie das wieder kitten?

Kipping: Was in Göttingen passiert ist, fand ich nicht nur schlimm. Der Streit hat auch positive Seiten. Da hat sich etwas explosionsartig entladen, was unter der Decke schwelte. Nach der Wahl sind einige zu uns gekommen und haben gesagt: Wir haben uns einen anderen Ausgang der Wahl gewünscht, aber wir akzeptieren das Ergebnis und wollen mit euch zusammenarbeiten.

Welche Rolle können Oskar Lafontaine und Gregor Gysi in der Linkspartei noch spielen?

Kipping: Ihnen kommt eine wichtige Rolle zu. Sie sind die bekanntesten Gesichter der Linkspartei. Ich bin froh, dass die beiden bei verschiedenen Veranstaltungen zusammen aufgetreten sind. Und sie haben natürlich auch inhaltlich zusammengearbeitet. So hatten beide kürzlich in Berlin eine gemeinsame Veranstaltung zu den Ursachen der Finanzkrise und zu Lösungswegen.

Es scheint, als seien Ihnen in der Sozialpolitik die Themen abhandengekommen, seit auch die SPD in der Opposition ist.

Kipping: Ich sehe nicht, dass sich SPD und Grüne von den Hartz-IV-Gesetzen distanziert haben. Als ich die Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen im Bundestag zur Abstimmung gestellt habe, hat die Linke deren Stimmen nicht bekommen. Im 120-Tage-Programm haben wir drei zentrale Themen: Erstens die Euro-Krise — aus unserer Sicht führt Merkels Kurs in der Euro-Krise im Endeffekt zu Sozialabbau. Zweitens kämpfen wir gegen Armut und Prekariat in verschiedenen Lebenslagen. Und drittens setzen wir uns für die Rekommunalisierung öffentlichen Eigentums, zum Beispiel Stromnetze, Wasserwerke, Krankenhäuser ein.

Was haben Sie gegen Reichtum?

Kipping: Nichts, solange er einen Zuwachs an Lebensgenuss bringt. Aber ich sehe in der zunehmenden Konzentration von Reichtum ein Problem. Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung verfügen über zwei Drittel des Vermögens. Wenn sich immer mehr Geld in den Händen von Wenigen konzentriert, haben diese Wenigen die Möglichkeit, Einfluss auf demokratische Entscheidungen zu nehmen. Sie können sich Politik kaufen.

Wo ziehen Sie bei Erbschaften die Grenze?

Kipping: Um es einmal bildlich zu sagen: Omas kleines Häuschen sollte steuerfrei bleiben. Dafür sollte es einen Freibetrag von 300 000 Euro geben. Wir wollen auch Familienunternehmen verschonen, bei denen Arbeitsplätze erhalten bleiben. Aber wirklich große Vermögen müssen höher besteuert werden. Ab drei Millionen Euro sollten es 60 Prozent sein.

Sehen Sie auf Bundesebene eine Machtperspektive für die Linke 2013 oder 2017?

Kipping: Wenn es möglich ist, einen Mindestlohn einzuführen, die Hartz-IV-Sanktionen abzuschaffen und Kriegseinsätze der Bundeswehr zu verhindern, dann scheitert eine rot-rot-grüne Regierung nicht an uns. Der Trend bei der SPD ist aber, dass sie lieber den Vizekanzler unter Frau Merkel stellt.

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort