Klimagipfel in Durban Röttgen fordert CO2-Budget für jeden

Berlin · Der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) spricht sich vor dem UN-Klimagipfel im südafrikanischen Durban für ein Pro-Kopf-Limit beim CO2-Verbrauch aus. Für den Gipfel selbst will er jedoch keine optimistische Prognose wagen.

Norbert Röttgen: Der Werdegang des Politikers
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Der politische Werdegang von Norbert Röttgen

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

"Es ist vernünftig und geboten, eine globale Wettbewerbsordnung zum Schutz des Klimas einzuführen", sagte Röttgen dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Das Endziel sei ein Pro-Kopf-Budget für die Emission von Treibhausgasen, das für jeden Menschen auf der Welt gelte. Das ist bemerkenswert, erhielten darüber doch wenig stark besiedelte Industrienationen wie Deutschland wenig Emissionsrechte, China und Indien hingegen die größten.

Ganz neu ist Röttgens Vorschlag nicht. Im Klima-Geschacher der Weltpolitik ist er derzeit ohnehin nicht konsensfähig, was es Röttgen sicherlich leichter macht darüber zu plaudern. Die Erwartungen an die internationale Klimakonferenz im südafrikanischen Durban sind derzeit denkbar gering. Diese Einschätzung teilt auch Röttgen. "In vielen Ländern der Weltgemeinschaft sinkt die Bereitschaft, verpflichtende Vorgaben für den Klimaschutz zu akzeptieren - gleichzeitig schreitet der Klimawandel voran", zitiert ihn das Nachrichtenmagazin.

Experten hoffen auf eine Avantgarde

Von einem Durchbruch sprechen nur noch unverbesserliche Idealisten. Es geht nach wie vor um ein Nachfolgeabkommen für das sogenannte Kyoto-Protokoll, dessen erste Verpflichtungsperiode Ende 2012 ausläuft. Doch davon ist ernsthaft keine Rede mehr. Selbst eine Neuauflage des Abkommens ohne die weltweit größten CO2-Emittenten USA und China erscheint wenig realistisch. Daher mehren sich die Stimmen, die für ein entschlossenes Handeln einzelner Staaten plädieren - parallel zu den UN-Verhandlungen.

Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans-Joachim Schellnhuber, glaubt, dass eine weltweite Dynamik zum Schutz des Klimas schon dann entstehen könnte, wenn sich fünf bis sechs westliche Industriestaaten, ein wichtiges Schwellenland und ein paar Entwicklungsländer zusammenschließen und in den Verhandlungen vorangehen würden. Es handle sich dabei gewissermaßen um den "Fitnessclub für das 21. Jahrhundert", sagte er unlängst bei einer Veranstaltung des WWF in Berlin.

Umsetzung der Energiewende als Lackmus-Test

Deutschland könnte in diesem "Fitnessclub" eine Schlüsselrolle zukommen. Mit dem Energiekonzept hat sich die Bundesregierung erstmals langfristige Klimaschutzziele gesetzt - und diese im Rahmen der Energiewende noch einmal bekräftigt. Bis 2050 soll der Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent sinken. Bereits bis 2020 will Deutschland insgesamt 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen, als dies noch 1990 der Fall war.

Um das Ziel, einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um mehr als zwei Grad zu verhindern, brauche es eine "industrielle Revolution", sagte Schellnhuber. Deutschland sei da auf einem guten Weg. Ende August konnte das Bundesumweltministerium vermelden, dass die erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung die 20-Prozent-Marke überschritten hätten.

Lob für Deutschland

Auch die Klimaexpertin des WWF, Regine Günther, lobte die Anstrengungen der Bundesregierung. "Ich würde bezweifeln, dass es ein zweites Land in der Welt gibt, das so ambitioniert vorangegangen ist", betonte sie. Den Beschlüssen müssten nun aber konkrete Schritte folgen, forderte Günther und sprach von einem "Lackmus-Test". Sollte es nicht gelingen, die ambitionierten Ziele umzusetzen, wäre dies fatal, "weil wir dann die internationale Bewunderung verspielen", warnte die WWF-Expertin.

Für Kritik bei Umweltverbänden hatten zuletzt vor allem die festgefahrenen Verhandlungen über die geplante steuerliche Förderung für die Sanierung älterer Gebäude gesorgt. Bund und Länder verhandeln derzeit im Vermittlungsausschuss über diesen letzten Baustein der Energiewende. Ebenfalls skeptisch sehen die Verbände das Vorgehen Deutschlands bei den Beratungen über die EU-Energieeffizienzrichtlinie.

Röttgen: Deutschland setzt auf Glaubwürdigkeit

Es geht vor allem um Glaubwürdigkeit. "Allianzen entstehen nicht ohne Vertrauen", betonte auch der Klimaexperte von Brot für die Welt, Thomas Hirsch. Daher sei das Gelingen oder Scheitern der Energiewende in Deutschland entscheidend für den internationalen Klimaprozess. Außerdem forderte er eine Fortführung des Kyoto-Protokolls und weitere finanzielle Zusagen für den Klimafonds, der letztes Jahr in Cancún beschlossen worden war. Hier sei bislang vieles "nach dem Prinzip rechte Tasche, linke Tasche" verlaufen. Die Erwartungen an Deutschland seien jedoch immens.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) weiß um diese hohe Erwartungen. Ein Glaubwürdigkeitsproblem sieht er allerdings nicht.
In der Haushaltswoche des Bundestags betonte er, dass Deutschland genau das im Inland umsetze, was es international verlange. "Wir sind nicht die, die im Ausland nur reden, und im Innern nicht handeln." Dies sei ist die Basis "der Glaubwürdigkeit unserer Klimapolitik, dafür werden wir anerkannt", zeigte er sich überzeugt.

(APD)
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