Favorit auf den FDP-Chefposten Rösler will die Liberalen menschlicher machen

Berlin (RP). Eine offizielle Entscheidung ist noch nicht gefallen. Aber die Hinweise darauf, dass Philipp Rösler den Chefposten bei der FDP übernehmen wird, verdichten sich. Seine Vorstellungen für den Umbau der liberalen Politik hat er längst kundgetan. Der 38-jährige vietnamesisch-stämmige Niedersachse will der FDP ein menschlicheres Image geben.

Das ist Philipp Rösler
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Er ist bekannt für seine Schlagfertigkeit. Und er weiß auch, was Demut ist. Am besten ist Philipp Rösler, wenn er beides kombiniert. Als er jüngst gefragt wurde, ob er sich vorstellen könne, Nachfolger des glücklosen Guido Westerwelle an der FDP-Spitze zu werden, scherzte Rösler: "Es gibt keine Umfrage, bei der ich nicht an letzter Stelle stehe, außer die, bei denen der Bundesaußenminister an letzter Stelle steht."

Tagelang hat er gezögert. Der Job des Bundesgesundheitsministers beansprucht ihn bereits so sehr, dass er seine Frau Wiebke und seine beiden Zwillingstöchter, die in Hannover leben, nur noch selten zu Gesicht bekommt. Als neuer Parteichef — der jüngste, den es in der Geschichte der Freien Demokraten gab — wird der erst 38-jährige promovierte Mediziner noch viel weniger freie Zeit für seine Familie haben. Dass er es macht, ist sehr wahrscheinlich. Der Berliner Tagesspiegel meldete am Dienstag unter Berufung auf Parteikreise, die Entscheidung pro Rösler sei bereits gefallen. Auch mehrere Spitzenliberalen rechnen mit dem Niedersachsen.

"Du musst es machen"

Philipp Rösler ist jung, aber er hat eine kometenhafte politische Karriere bereits hinter sich. Erst seit eineinhalb Jahren ist er auf der bundespolitischen Bühne sichtbar. Nur widerwillig übernahm er im Oktober 2009 das Amt des Gesundheitsministers. Rösler war erst acht Monate Wirtschaftsminister in Niedersachsen, als ihn nach den Koalitionsverhandlungen in Berlin, an denen er selbst maßgeblich beteiligt war, der Anruf Westerwelles erreichte: "Du musst es machen."

Gesundheitsminister ist einer der schwierigsten und streitbarsten Jobs im Berliner Politikbetrieb: Ärzte, Kassen, Pharmaindustrie, Krankenhäuser und Beitragszahler — alle fürchten bei jedem noch so kleinen Reformschritt um ihre Pfründe. Rösler hat sich, wie auch seine Amtsvorgänger, als Gesundheitsminister keine Freunde gemacht — am wenigsten bei der liberalen Wählerklientel. Denn am Ende seines vergeblichen Kampfes um die Einführung einer Kopfpauschale stand die Erhöhung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung auf 15,5 Prozent. Mehr Netto vom Brutto sieht anders aus.

Rösler beherrscht auch das Strategische

Rösler sah im Herbst mit seinem Reförmchen wie ein Verlierer aus, manch einer schrieb ihn schon ab. Doch die Schwäche Westerwelles und anderer Parteigranden machte ihn nach der Überwindung dieser Krise schnell wieder zum Hoffnungsträger. Rösler ist eloquent, er wirkt sehr viel authentischer als Westerwelle, der den Eindruck, nur ein Minister-Darsteller zu sein, nie recht vertreiben konnte.

Mehrfach hatte sich Rösler in den vergangenen Jahren mit unmissverständlich kritischen Beiträgen zur Parteiführung zu Wort gemeldet. Schon 2004 schrieb der bis dahin weitgehend unbekannte niedersächsische FDP-Politiker mit Blick auf die wachsende Konkurrenz der Grünen: "Die FDP muss in den Großstädten wieder Häuserkampf machen. Straßenzug um Straßenzug muss zurückerobert werden — nicht mit Gewalt, sondern mit Gesichtern."

Mit 45 soll Schluss sein

2008 wagte Rösler erstmals offene Kritik an Westerwelles Politik-Stil. "Nicht das laute Darstellen der FDP in der Öffentlichkeit, sondern das Wirken mit Kompetenz und Substanz muss wieder zu den Grundeigenschaften liberaler Politik werden", schrieb er in einem Thesenpapier. "Nur so kann man die für das liberale Lebensgefühl so wichtige authentische Herzenswärme wieder in die Politik zurückbringen. Es bedarf des Zauberwortes Bescheidenheit."

Rösler hat mit Generalsekretär Christian Lindner und dem nordrhein-westfälischen FDP-Chef Daniel Bahr unlängst auch den Neujahrsappell verfasst, in dem die junge Garde die Parteispitze zu einer Neuorientierung aufrief. Die FDP müsse menschlicher werden — und ihr Spektrum nicht auf Steuersenkungen verengen.

Mit 45, hat er gesagt, möchte er sich aus der Politik verabschieden. Nach sieben Jahren an der Parteispitze könnte ihm das leichter fallen als wenn er nur Minister geblieben wäre.

(RP)
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