Vizekanzler beim Ständehaus-Treff Habeck setzt auf Heizungsgesetz bis Sommer

Düsseldorf · Der Bundeswirtschaftsminister zeigte sich beim Ständehaus-Treff zuversichtlich. Er sagte auch: „Die Welt wird nicht schlechter, wenn ein paar mit Pellets heizen“. Mit dem Thema Kanzlerkandidatur will er sich erst 2025 beschäftigen.

Robert Habeck zu Gast bei Ständehaus-Treff
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Robert Habeck zu Gast beim Ständehaus-Treff in Düsseldorf

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Wie geht es weiter mit dem Heizungsgesetz? Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck setzt darauf, dass es noch vor der Sommerpause verabschiedet wird. „Man kann das hinbekommen. Die vergangenen 14 Tage haben in der Debatte etwas verändert“, sagt Habeck beim Ständehaus-Treff in Düsseldorf. Im Gespräch mit Moritz Döbler, Chefredakteur der Rheinischen Post, betont der Grünen-Politiker: „Die Debatte muss beendet werden, sie hat genug Unruhe geschaffen. Es sind lösbare Punkte, über die ein Land nicht streiten muss. Es täte Handwerkern und Bürgern gut, bald Klarheit zu haben.“ Das hörten die rund 500 geladenen Gäste gerne, die am Montagabend ins Ständehaus gekommen waren, um den wortgewaltigen Vizekanzler zu erleben.

Klarheit soll es bald auch beim Thema Heizen mit Pellets geben. „Die Welt wird nicht schlechter, wenn ein paar mit Pellets heizen“, sagt Habeck. „Es werden so viele nicht sein. Ich wäre überrascht, wenn ganz Düsseldorf 2045 mit Holzöfen heizen würde, das wird nicht passieren. Es werden einzelne, in Außenlagen liegende Gehöfte, Tischlereien, Gewerke sein.“ Die Meinungsverschiedenheiten seien auch bei diesem Thema überbrückbar. Geplant ist, dass Pelletheizungen nun nicht nur in Altbauten erlaubt sein sollen, wie es der Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) ursprünglich vorsah, sondern auch in Neubauten, wenn diese mit Wärmepumpen verbunden sind. So soll es mehr Technologieoffenheit geben.

Habeck hat harte Wochen hinter sich. Der Streit um das GEG und um seinen Staatssekretär Patrick Graichen, der schließlich zurücktreten musste, hat dem 53-Jährigen zugesetzt, in Umfragen ging es für ihn und seine Partei bergab, die Öffentlichkeit ging hart mit ihm ins Gericht. In Düsseldorf aber gab er sich entspannt. Bei seinen Antworten spannte er einen weiten Bogen und suchte nach neuen Sprachbildern. Er zitierte Alfred Müller-Ar­mack, der einst Staatssekretär von Ludwig Erhard war und als geistiger Vater der sozialen Marktwirtschaft gilt. So wie Müller-Armack auf die irenische, also friedenstiftende Formel setzte, um Gerechtigkeit, Freiheit und Wachstum zusammenzubringen, so setze er, Habeck, auf die irenische Formel in der Politik. „Irenik ist das Gegenteil von Polemik“, erklärte er. Oft entstünden Probleme daraus, dass gute Politik nicht gut erklärt werde.

Von einem friedlichen Umgang miteinander ist die Ampelkoalition allerdings oft weit entfernt. „Das Land braucht eine Regierung, die sich nicht dauernd streitet. Streit strahlt keine Sicherheit aus“, räumte Habeck selbstkritisch ein. Allerdings sei das Land auch in einer besonders herausfordernden Phase, sagte er und verwies auf Russlands Krieg gegen die Ukraine und dessen Folgen.

Den aktuellen öffentlichen Gegenwind kann der Schleswig-Holsteiner nach eigener Aussage ab. Er habe gewusst, auf was er sich einlasse: „Ich bin nicht Politiker geworden, um keinen Stress zu haben. Das angenehme Leben ist nicht das, was ich suche.“ Doch er sagt auch: „Es ist so ein lautes Gebrüll um einen herum, da hört man die berechtigten Sorgen manchmal nicht. In der aufgerauten See sieht man die kleinen Wellen nicht.“ Selbst den politischen Streit kleidet der frühere Schriftsteller in bildhafte Sprache.

Persönlich wurde es, als das Gespräch auf Patrick Graichen kam, an dem der Minister lange festgehalten hatte, bevor der Staatssekretär dann doch zurücktrat. „Ich war bereit, den gravierenden Fehler der Besetzung der Dena-Stelle mit seinem Trauzeugen zu verzeihen – ich wollte anständig sein“, sagte Habeck. Graichen habe sehr viel gegeben in der Energiekrise. Daher habe er so lange zu ihm gestanden, bis dann noch etwas oben draufkam. Er nehme die Kritik an der späten Entscheidung aber an. „Das hat mir als Politiker nicht geholfen, aber ich bin mit der Entscheidung im Reinen, dass ich so lange zu ihm gestanden habe.“ Habeck hatte Graichen Mitte Mai in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Dem 51-Jährigen wurde unter anderem Vetternwirtschaft bei der Besetzung von Posten vorgeworfen.

Jetzt will der Minister nach vorne schauen: „Die vergangenen drei Monate waren nicht so gut. Das kann auch der Anspruch sein, es nun besser zu machen“, kündigte er an. Wäre er jetzt lieber Kanzler? Er winkt ab. „Ich bin Wirtschaftsminister und bin das gerne. Mit der Kanzlerkandidatur müssen wir uns jetzt nicht beschäftigen. Die Frage steht im Sommer 2025 an. Drei Monate Wahlkampf reichen ja.“ 2021 hatte er Annalena Baerbock die Kandidatur überlassen müssen.

Mit Sorge sieht der Vizekanzler nun die neue Stärke der AfD in Umfragen. „Ich kann nicht erkennen, dass die AfD durch eigene Leistung politische Stärke gewonnen hat. Ich habe im Bundestag Reden der AfD gehört, die waren dicht an Verschwörungstheorien“, sagt er und erinnert an die Haltung der AfD zu Russland. Mit Blick auf die Wähler ergänzt er: „Die AfD zu wählen, um den Grünen eins auszuwischen – das muss man verhindern.“

Aber auch die Proteste der Klimaschützer sieht der Minister kritisch. „Was die Klimakleber machen, ist politisch falsch“, so Habeck. Klimaschutz sei ein positives Thema. Großer Applaus im Publikum.

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