Wenn hohe Temperaturen zur Gefahr werden Mehr als 3000 Hitzetote im Sommer
Exklusiv | Berlin · Gesundheitsminister Lauterbach will die Bevölkerung künftig besser vor den Folgen von Hitze schützen. Zahlen des Robert-Koch-Instituts für diesen Sommer zeigen nun, dass etwa 3100 Menschen wegen hoher Temperaturen gestorben sind – und damit etwas weniger als im Vorjahr. Betroffen waren demnach vor allem Frauen in sehr hohem Alter.
Als Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Ende Juli einen Hitzeschutzplan vorstellte, kündigte er zugleich an, die Zahl der Hitzetoten in diesem Jahr unter 4000 drücken zu wollen. Ein Blick auf die vorläufigen Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) deutet darauf hin, dass dieses Ziel erreicht werden könnte. Wie aus dem Wochenbericht zur hitzebedingten Mortalität hervorgeht, schätzt das RKI die Zahl der Hitzetoten in diesem Sommer bislang auf 3100.
Die aktuellen Zahlen berücksichtigen entsprechende Sterbefälle bis zur 37. Kalenderwoche, also bis Mitte September. Wie das RKI auf Anfrage erklärte, soll der letzte Wochenbericht zur Zahl der Hitzetoten nächste Woche erscheinen. Im Herbst werde dann abschließend Bilanz gezogen. „Die Größenordnung sollte sich aber nicht mehr verändern“, erklärte eine Sprecherin.
Der größte Anteil hitzebedingter Sterbefälle ist laut RKI-Bericht in der Altersgruppe ab 75 Jahren zu beobachten. Mehr als jeder zweite Hitzetote war mindestens 85 Jahre alt. In dieser Altersgruppe gehen die Forscher auch mit statistischer Sicherheit von einer hitzebedingten Übersterblichkeit aus. Insgesamt würden absolut gesehen mehr Frauen als Männer an den Folgen hoher Temperaturen versterben. Der Grund dafür ist allerdings schlicht der hohe Frauenanteil unter älteren Menschen, betont das RKI.

Tornados, Starkregen, Schnee — Wetterkapriolen in NRW 2023
Zu beachten ist, dass es sich bei den RKI-Zahlen um geschätzte Werte handelt. Zwar gebe es einige Fälle, in denen Hitzeeinwirkung unmittelbar zum Tod führe. Meistens sei es aber eine Mischung aus hohen Temperaturen und Vorerkrankungen, an denen Menschen sterben. In diesen Fälle stünde Hitze normalerweise auch nicht auf dem Totenschein, heißt es im Wochenbericht.
Um die tatsächliche Zahl der Hitzetoten zu ermitteln, arbeitet das RKI daher mit einer bestimmten statistischen Schätzmethode. Für diese kombinieren die Wissenschaftler Sterbedaten des Statistischen Bundesamtes mit Temperaturmessungen des Deutschen Wetterdienstes. Dabei gehen die Statistiker davon aus, dass ab einer durchschnittlichen Temperatur von 20 Grad ein signifikanter hitzebedingter Anstieg der Sterblichkeit zu erwarten ist.
Andere Forschungsarbeiten verorten dieses sogenannte thermische Optimum hingegen an anderer Stelle, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Anfrage unserer Redaktion betonte. So war das Ergebnis einer in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichten Studie, dass in Deutschland im vergangenen Jahr etwa 8000 Menschen an den Folgen von Hitze gestorben sind. Auf diese Zahl bezog sich Karl Lauterbach auch im Juli, als er erklärte, die Zahl der Hitzetoten halbieren zu wollen – also unter 4000 zu halten. Das RKI schätzte für 2022 hingegen rund 4500 hitzeassoziierte Sterbefälle.

Diese Regeln gelten bei der Arbeit in Büro und Homeoffice
Beiden Schätzungen liegen unterschiedliche Definitionen von Hitze zugrunde. „Der Unterschied besteht im Kern darin, dass die europaweite Studie von einem niedrigerem ,thermischen Optimum‘ ausgeht“, teilte das Gesundheitsministerium mit. Das heißt im Klartext: Die Nature-Studie geht bereits bei niedrigeren Temperaturen von einer Hitzebelastung für die Bevölkerung aus – und kommt entsprechend auch auf höhere Schätzwerte als das RKI.
Zumindest den RKI-Zahlen zufolge dürfte Lauterbach seine Hitzeschutz-Ziel für 2023 allerdings erreicht haben.