Sperrsystem in Deutschland gefordert Ringen um Initiativen gegen Glücksspielsucht

Berlin · Angesichts Hunderttausender abhängiger Spieler in Deutschland will die SPD die Sperrung von Spiel-Automaten für Süchtige und Jugendliche einführen. "Wir wollen ein Sperrsystem in den Ländern einrichten, in dem sich Süchtige sperren lassen können", sagte die SPD-Suchtexpertin Angelika Graf der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.

An diesem Mittwoch wird der SPD-Antrag "Glücksspielsucht bekämpfen" in einer öffentlichen Anhörung im Bundestag beraten. Pläne von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) für Einschränkungen des Geldautomatenspiels kritisierte Graf: "Der Staat würde sich damit gegenüber der Glücksspielindustrie aufgeben."

Angesichts des oft ungehinderten Zugangs von Jugendlichen zu Spielautomaten droht der SPD-Antrag mit einem Aus für das Glücksspiel in Gaststätten: "Geldspielautomaten können nur dann in gastronomischen Einrichtungen verbleiben, wenn die Nutzung durch Minderjährige weitgehend ausgeschlossen ist und auch gastronomische Einrichtungen in ein Sperrsystem für Süchtige einbezogen sind."

Die SPD geht unter Berufung auf ein Expertenbericht von rund 500 000 krankhaften und 800 000 problematischen Glücksspielern in Deutschland aus. Die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans (FDP) hatte vor einem Jahr mit dem Vorstoß für Schlagzeilen gesorgt, alle Spielautomaten in Gaststätten, Tankstellen, Einkaufszentren und Flughäfen abzubauen. Dies sieht weder Röslers noch Grafs Entwurf vor.
Beide wollen maximal zwei statt heute drei Automaten in Gaststätten zulassen.

Graf warf Rösler vor, eine nicht an den einzelnen Spieler gebundene Spielerkarte einführen zu wollen. Sie solle zudem noch von der Industrie selbst entwickelt werden und eine Geldkartenfunktion haben. "Das würde die Gefahren eher verstärken."

Die SPD setzt auf ein Sperrsystem mittels einer durch Nummerierung gesicherten Spielerkarte mit dem Namen und dem Geburtsdatum des Spielers sowie einer Speicherung der Spieldauern. "Über ein Identifikationssystem müssen die Daten vom Gerät selbst abgefragt werden", erläuterte Graf. Süchtige, die sich selbst gesperrt haben, sowie Minderjährige könnten so geschützt werden. "Eine Datenbank soll es aus Gründen des Datenschutzes nicht geben", erläuterte Graf.

"Wir wollen das Geldspiel entschleunigen", kündigte sie zudem an.
Die Mindestdauer pro Spiel soll von 5 auf 15 bis 20 Sekunden angehoben werden. Der maximale Verlust pro Stunde und Automat soll von bisher 80 Euro auf 40 Euro reduziert werden. Süchtigmachende Funktionen sollen abgeschafft werden. "Das ist im Grunde alles, was blinkt und blitzt", sagte Graf. Ähnliche Vorschläge macht auch Röslers Entwurf.

Nach offiziellen Zahlen gibt es in Deutschland 260 000 Glücksspiel-Abhängige sowie weitere 275 000 Menschen, die zu viel spielen, ohne schon süchtig zu sein. Die Zahl der Geräte in Spielhallen und Gaststätten hatte sich auf zuletzt 212 000 deutlich erhöht. In Röslers Entwurf wird betont: "Bei zu strikter Reglementierung besteht die Gefahr des Ausweichens in das Internetspiel." Die Industrie, Aufsteller und Spieler dürften nicht durch überzogene Einschränkungen in die Illegalität gedrängt werden.

(dpa)
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