Verfassungsrechtlich bedenklich Richter kritisiert Hartz-IV-Neuregelung

Berlin (RPO). Der Bundesregierung droht bei der Neuregelung der Hartz-IV-Regelsätze möglicherweise Ärger: Der hessische Sozialrichter Jürgen Borchert hält den bestehenden Gesetzentwurf für verfassungsrechtlich bedenklich. Zu dieser Einschätzung kommt auch der DGB.

Die neuen Hartz-IV-Regelsätze
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Foto: ddp

Der hessische Sozialrichter Jürgen Borchert hält die neu berechneten Regelbedarfe für verfassungswidrig. "Die Vorgabe des Verfassungsgerichts, den Regelbedarf transparent und nachvollziehbar zu ermitteln, wurde nicht erfüllt", sagte Borchert der Tageszeitung "Die Welt". "Das Ministerium hat wieder hinter verschlossenen Türen gerechnet", kritisierte Borchert, dessen Senatsvorlage maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Hartz-IV-Regelsätze vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurden.

Der Sozialrichter warf der Regierung zudem vor, die Regelsätze aus fiskalischen Gründen passend gerechnet zu haben, und fügte an, dass aus seiner Sicht eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unvermeidlich erscheine, "wenn der Entwurf so Gesetz wird". "Die Regierungsmehrheit läuft in Karlsruhe ins offene Messer", warnte Borchert.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbunde meldet Bedenken an. Der Gesetzentwurf werde dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts "nicht gerecht" und bilde "keine tragfähige Basis zur Vermeidung von Armut, insbesondere von Kinderarmut", heißt es in einer am schriftlichen Stellungnahme des DGB für die Anhörung des Sozialausschusses an diesem Montag, die dem "Tagesspiegel" vorliegt.

"Die Verfassungslage ist entscheidend, nicht die Kassenlage", heißt es in der 26-seitigen Analyse. Nach Ansicht des DGB sind die Regelsätze, insbesondere die von Kindern, zu niedrig. Sie seien "nicht auf die Vermeidung von Armut ausgelegt", sondern "durch eine politisch motivierte, gesteuerte Auswertung" der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zustande gekommen.

Das Verfahren zur Ableitung der Regelsätze sei "nicht in ausreichender Transparenz" durchgeführt, die Referenzgruppe "auf methodisch unzulässige Weise" gebildet worden, außerdem gebe es "teils fragwürdige normative Entscheidungen", kritisieren die DGB-Fachleute.

(KNA/ndi)
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