57 NPD-Mitglieder ausgeschlossen Reservistenverband sagt Neonazis Kampf an

Bonn · Die Reservisten der Bundeswehr haben der Unterwanderung durch Rechtsextremisten den Kampf angesagt. 57 erkannte NPD-Mitglieder wurden ausgeschlossen, zwölf weiteren ist gekündigt worden. Für Neonazis ist der Verband attraktiv, weil sie so einfacher an Waffen und Ausbildung kommen.

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Foto: ddp

Allein sächsische Rechtsextremisten sollen im Besitz von mehr als 150 Schusswaffen sein — und das ganz legal. Dazu haben Neonazis offenbar auch den Reservistenverband der Bundeswehr missbraucht. Dessen Präsident Roderich Kiesewetter berichtete jetzt, wie der Verband gegen die Unterwanderer vorgeht.

Laut Kiesewetter hat der Verband, dem 122.000 Mitglieder angehören, bereits vor dem Bekanntwerden der mutmaßlichen Taten der Zwickauer Terrorzelle einen Vorstandsbeschluss gefasst, wonach Mitgliedschaften in der NPD und im Reservistenverband unvereinbar sind.

57 NPD-Mitglieder seien bislang ausgeschlossen worden. "Wir haben noch weitere zwölf Rechtsextremisten erkannt und ihnen die Mitgliedschaft gekündigt", sagte Kiesewetter. Er habe die Landesverbände angewiesen, sie sofort von allen Veranstaltungen auszuschließen, insbesondere den militärischen Ausbildungsterminen.

Hochrangige NPD-Mitglieder im Verband

Von den zwölf Extremisten stammten acht aus Sachsen, zwei aus dem Saarland und je einer aus Baden-Württemberg und Hessen. Unter den gekündigten Sachsen sind laut "Leipziger Volkszeitung" der Leipziger NPD-Vorsitzende Helmut Herrmann, der der Reservistenkameradschaft Leipzig-Leutzsch angehört habe, und der NPD-Landtagsabgeordnete Winfried Petzold. Ihre auf eigene Kosten angeschafften Pistolen und Gewehre dürften die Gekündigten allerdings vorerst behalten.

"Der Reservistenverband selbst stellt keine Waffenbesitzkarten aus", stellte Kiesewetter klar. Dies übernähmen jeweils die örtlichen Ordnungsbehörden. Allerdings dient die Mitgliedschaft im Verband als Begründung, warum der Beantragende eine Waffe besitzen darf. Reservistenverbandsmitglieder müssen ein Jahr lang an fachlichen Schulungen teilnehmen und eine Prüfung absolvieren, bevor sie eine Waffe kaufen dürfen.

Kiesewetter, Oberst a.D. und Bundestagsabgeordneter der CDU, sowie der Vizepräsident und SPD-Abgeordnete Michael Groschek, der Maat der Reserve ist, kritisierten, dass der Verband trotz seines hoheitlichen Auftrags der militärischen Aus -und Weiterbildung kein Recht hat, von den Verfassungsschutzbehörden über Extremisten in seinen Reihen informiert zu werden.

"Wir haben sechs weitere Verdachtsfälle, zu denen sich der Verfassungsschutz trotz Nachfragen nicht äußert", erklärten beide. "Wir fordern, dass die Verfassungsschutzorgane künftig eine Informationspflicht gegenüber Vereinen und Organisationen haben, die wie das Technische Hilfswerk oder die Freiwilligen Feuerwehren für unseren Staat tätig sind."

Reservisten als "Staatsbürger mit Uniform"

"Unsere Stärke ist die Verankerung in der Gesellschaft", betonte Kiesewetter. Die freiwilligen Reservisten als "Staatsbürger mit Uniform" würden künftig das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit noch mehr prägen, weil sich die reduzierte aktive Truppe zwangsläufig noch mehr aus der Fläche zurückziehe. 2012 würden bundesweit 25 Einheiten aus Reservisten aufgestellt, die die Lücken im Katastrophenfall und beim Heimatschutz schließen sollen. Umso wichtiger sei es, erkannte Extremisten aus dem Verband auszuschließen.

Allerdings hat jeder ehemalige Wehrpflichtige, Zeit- oder Berufssoldat das Recht, in den Verband einzutreten. Als juristischer Hebel gegen Extremisten dient daher der zu unterschreibende Mitgliedsantrag. Darin bestätigt der Antragsteller, "die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten". Roderich Kiesewetter: "Wer dagegen verstößt, dem kann deshalb sofort gekündigt werden."

Nicht nur die Reservistenorganisation, auch die Interessenvertretung der Soldaten und Zivilmitarbeiter, der Deutsche Bundeswehrverband, hat Ärger mit extremistischen Mitgliedern. So hat der Bundeswehrverband bislang vergeblich versucht, den Ex-Zeitsoldaten Udo Voigt loszuwerden, bis vor wenigen Wochen Bundesvorsitzender der NPD. Die Satzung, die jetzt wie beim Reservistenverband die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei nicht gestattet, war offenbar erst nach Voigts Beitritt geändert worden.

Unterdessen geht die Bundesanwaltschaft bei ihren Ermittlungen gegen die Zwickauer Terrorzelle von weiteren Helfern aus: Es seien "rund ein Dutzend Personen im Blick". Gegen den Sonntag in Sachsen gefassten mutmaßlichen vierten Unterstützer der Terrorzelle erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gestern Abend Haftbefehl. Matthias D. (36) soll für das Trio Wohnungen gemietet haben.

(RP/das/felt)
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