Kommentar Rentenpaket — leider kein guter Tag

Berlin · In Umfragen befürworten mehr als 80 Prozent der Bürger das Rentenpaket der großen Koalition, darunter auch auffallend viele jüngere Leute. Warum? Weil sie es ihren Müttern und Vätern von Herzen gönnen, dass deren Renten angehoben werden.

So soll die Mütterrente funktionieren
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Foto: dpa, kjh lof cul

Dass sie selbst dafür im Rest ihres noch langen Erwerbslebens höhere Rentenbeiträge werden bezahlen müssen, dass ihre eigenen Renten noch geringer ausfallen werden als ohnehin vorgesehen — viele wissen es nicht, andere wollen es nicht wissen, wiederum andere schert es nicht — frei nach dem Motto: Was interessiert mich denn jetzt schon die Rente? Ich bin doch erst 30!

Das ist ein verhängnisvolles Missverständnis. Es geht hier nicht um irgendein jugendfernes Thema, nur weil die Überschrift "Rentenpaket" lautet. Hier geht es um die knallharte Umverteilung von Finanzierungslasten. Begünstigt werden Mütter und Väter, die bereits heute Rentner sind oder es bis 2029 werden wollen. Viele von ihnen haben bereits ein gutes Alterseinkommen. Doch belastet werden Jüngere in doppelter Hinsicht: Mit höheren Beiträgen und einer deutlich geringeren gesetzlichen Rente für sie selbst.

Repräsentative Umfragen fallen auch deshalb so eindeutig pro Rentenpaket aus, weil die Mehrheit der Befragten das Alter von 50 Jahren bereits erreicht hat oder kurz davor steht. Wer aber 50 und älter ist, denkt anders über Rentengeschenke als 30-Jährige: Er oder sie könnte bald selbst in den Genuss dieser Geschenke kommen. Würden die Umfrageergebnisse um diesen Alterungs-Effekt statistisch bereinigt, dürfte die Zustimmung zum Rentenpaket sehr wahrscheinlich geringer ausfallen.

So funktioniert die Rente mit 63
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Das Rentenpaket bleibt trotz der überwältigenden Mehrheit bei der Verabschiedung im Bundestag falsch. Es spottet der Generationengerechtigkeit Hohn. Es ist sozial ungerecht, weil das Problem der Altersarmut dadurch eher noch verschärft wird: Auch die heutigen Rentner müssen das Rentenpaket mitbezahlen, ihre künftigen Rentenansprüche sinken. Es ist ökonomisch kontraproduktiv, weil es sinnvollere öffentliche Investitionen etwa in Bildung verhindert.

Die SPD-Sozialpolitikerin Carola Reimann, die im Bundestag sagte, der heutige 23. Mai 2014 sei ein guter Tag, liegt leider falsch. Es ist kein guter Tag.

(mar)
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