Debatte um Verbot Reizthema Burka

Berlin · Thomas de Maizière lehnt die Burka entschieden ab. Genauso hält er es aber auch mit einem Burka-Verbot. Den Ganzkörperschleier wollen allerdings zahlreiche Politiker anders als der Bundesinnenminister ebenso verbieten wie den Doppelpass.

Reizthema Burka — Debatte um Verbot
Foto: Radowski

Als "Intoleranz gegenüber Frauen" versteht die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner das Tragen eines Ganzkörperschleiers, der auch das Gesicht bedeckt. Das in Deutschland weiter zuzulassen, sei eine "falsche Toleranz". Die Burka stehe nicht für religiöse Vielfalt, sondern für ein abwertendes Frauenbild.

Auch Finanzstaatssekretär Jens Spahn und der Berliner Vize-Regierungschef Frank Henkel (beide CDU) wollen das Vollverschleierungsverbot. "Die Burka ist ein Käfig aus Stoff", unterstreicht Henkel. Und die CDU-Menschenrechtspolitikerin Erika Steinbach bringt es auf den Punkt: "Wer Vertrauen in unserem Land fördern will, muss dafür sorgen, dass jeder sein Gesicht zeigt."

Religiös motivierte Bekleidung reicht bei islamischen Frauen vom einfachen Kopftuch (Hidschab) über den Ganzkörperschleier (Tschador) bis hin zum Nikab, der nur einen Sehschlitz frei lässt, und schließlich zur Burka, die auch diesen Bereich noch durch ein Stoffgitter abdeckt. Burka-Verbote gibt es bereits in Frankreich, in Belgien und im Schweizer Kanton Tessin.

Für Deutschland strebt de Maizière statt eines generellen ein funktionelles Verbot an. Er nannte dafür den Straßenverkehr, das Standesamt und die Zeugenaussage vor Gericht als Beispiele. Die Unionsfraktion kündigte an, für Richterinnen ein Kopftuchverbot gesetzlich zu regeln.

In der Vergangenheit scharfe Kritiker der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister de Maizière werteten die jüngsten Vorschläge des Innenministers überwiegend positiv. "Sie gehen in die richtige Richtung und greifen zahlreiche Maßnahmen auf, die auch die bayerische Staatsregierung bei ihrer Klausur in St. Quirin Ende Juli beschlossen hat", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann unserer Redaktion.

"Als Wolken aufkamen, sind wir ruckzuck in Nöte geraten"

Die beabsichtigte Beseitigung selbst verursachter Abschiebehindernisse finde seine "volle Zustimmung". Dann müsse der Bund allerdings auch dafür sorgen, dass die Länder diese Personen wirklich abschieben könnten und das nicht daran scheitere, dass die Heimatstaaten ihre Landsleute nicht zurücknehmen wollten. "Hier muss massiver Druck auf die Heimatstaaten ausgeübt werden, etwa durch eine massive Kürzung der Entwicklungshilfe", unterstrich der CSU-Politiker.

Herrmann verlangte zudem, sich auf eine rasche und umfassende Identitätsklärung von Flüchtlingen zu konzentrieren. "Wer ohne Papiere einreist oder seine Identität nicht belegen kann, muss an der deutschen Grenze zunächst festgehalten und gegebenenfalls zurückgewiesen werden", forderte Herrmann.

Auch der Sprecher der Unions-Innenminister, der Schweriner Ressortchef Lorenz Caffier, will nicht ausschließen, dass seine Parteifreunde bei ihrem Treffen nächste Woche in Berlin weitere Maßnahmen beschließen. Die Sicherheitsarchitektur habe sich in Deutschland erheblich verändert. "Wir haben uns im Bund und in den Ländern viele Jahre auf Schönwetterlagen ausgerichtet, und als dann Wolken aufkamen, sind wir ruckzuck in Nöte geraten", erläuterte Caffier unserer Redaktion.

Die Pläne de Maizières hätten "viele Schnittstellen" zu den Forderungen der Länderinnenminister. Es gebe mit de Maizière aber auch noch eine Reihe von Maßnahmen zu besprechen, die die Länder betreffen. Die Minister hatten in einem Arbeitspapier neben dem Burka-Verbot auch die Abschaffung der Doppel-Staatsbürgerschaft gefordert. Auch das will de Maizière nicht, um die gesellschaftliche Befriedung in dieser Frage nicht zu gefährden.

Özdemir spricht von "populistischen Reflexen"

CDU-Innenexperte Armin Schuster lobte das abgewogene Vorgehen de Maizières. Bei der Umsetzung solle man jedoch auch darauf achten, die einjährige Freiheitsstrafe als Voraussetzung für Abschiebungen weiter abzusenken. Serientäter würden davon nicht erfasst, und dafür fehle in der Bevölkerung jegliches Verständnis.

Grünen-Chef Cem Özdemir lehnte die Forderungen nach einem Ende der doppelten Staatsbürgerschaft als "populistische Reflexe" ab und forderte die Migranten auf, selbst die Initiative zu ergreifen. "Ich möchte, dass sich mehr Migranten zu Deutschland bekennen und sich um eine Einbürgerung bemühen", sagte Özdemir unserer Redaktion.

Er bezweifelte einen Zusammenhang zwischen doppelter Staatsangehörigkeit und innerer Sicherheit. Es gebe unzählige Deutsche, die einen weiteren Pass hätten und sich diesem Land sehr verbunden fühlten, darunter eben auch Türkischstämmige. Diesen Alltag könne man nicht einfach ignorieren, "weil ein paar davon dem türkischen Staatspräsidenten zujubeln", erklärte der Parteichef.

(mar)
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