Reisen in Corona-Zeiten Delta auf dem Vormarsch: Minister mahnen Einhaltung der Reiseregeln an

Berlin · Die Delta-Virusvariante wird auch in Deutschland schon bald dominieren. Die Minister Spahn und Seehofer rufen deshalb zum regelmäßigen Testen, Impfen und zur konsequenten Einhaltung der Regeln bei Einreise auf. Die Kontrollen sollen verstärkt werden. Doch auf eine besonderds harte Maßnahme will Seehofer verzichten.

 Jens Spahn (r, CDU), Bundesgesundheitsminister, und Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, sprechen am Donnerstag auf der Bundespressekonferenz über die Entwicklung der Corona-Pandemie und Einreiseverordnungen.

Jens Spahn (r, CDU), Bundesgesundheitsminister, und Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, sprechen am Donnerstag auf der Bundespressekonferenz über die Entwicklung der Corona-Pandemie und Einreiseverordnungen.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Angesichts der rasanten Ausbreitung der gefährlichen Delta-Virusvariante hat die Bundesregierung erneut zu Impfungen, regelmäßigen Tests und der Einhaltung der Reiseregelungen aufgerufen. Delta werde schon bald die dominierende Variante in Deutschland sein, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in Berlin. „Ich gehe davon aus, dass wir noch im Juli sehen werden, dass Delta auch bei uns über 70, 80 Prozent der Infektionen ausmacht“, so Spahn. Das Entscheidende sei, unter welchen Bedingungen dies passiere. Aktuell geht nach Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) bereits die Hälfte aller Neuinfektionen auf die Delta-Variante zurück.

Laut Spahn sei das Ziel, die absoluten Infektionszahlen  möglichst gering zu halten und gleichzeitig das Impftempo weiter zu erhöhen. Eine doppelte Impfung schütze auch vor Delta. Alle diejenigen, die nicht geimpft sind, rief der Minister zu regelmäßigen Tests auf. „Wir haben Tests en masse verfügbar“, betonte Spahn. Die Deutschen hätten es selbst in der Hand, ob nach einem schönen Urlaub eine schöne Zeit im Herbst komme. Mit breiten Testangeboten, den Impfungen sowie den geltenden Reiseregelungen habe Deutschland „deutlich mehr Möglichkeiten“ als vor einem Jahr, so Spahn.

Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) rief zur Einhaltung der geltenden Reisebestimmungen auf. Entscheidend sei, dass die Maßnahmen aus der Einreiseverordnung auch durchgesetzt werden. „Wer einreist, muss damit rechnen, kontrolliert zu werden“, sagte Seehofer in Berlin. Bei der Überwachung der Quarantänepflicht verwies der Innenminister auf die zuständigen Gesundheitsämter. „Die entscheidende Kontrollmöglichkeit ist die Kontrolle durch die Gesundheitsämter“, so Seehofer.

Reisende, die sich in den zurückliegenden zehn Tagen in einem Risikogebiet, Hochinzidenzgebiet oder Virusvariantengebiet aufgehalten haben, müssen vor ihrer Ankunft in Deutschland eine digitale Einreiseanmeldung ausfüllen. Durch diese Anmeldung erhalten die Gesundheitsämter einen Überblick darüber, welche Personen in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Quarantäne verpflichtet sind.

Die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, sieht die Voraussetzungen für flächendeckende und lückenlose Kontrollen durch die Gesundheitsämter allerdings nicht gegeben. „Damit derartige Kontrollen überhaupt möglich sind, müssen bundesweit einheitliche Richtlinien und Regelungen zum Umgang mit Reiserückkehrern durchgesetzt werden“, sagte Teichert. Sie forderte: „Um dieser Aufgabe flächendeckend und möglichst lückenlos nachkommen zu können, müssten die Gesundheitsämter außerdem personell und digital entsprechend ausgestattet werden.“

Zugleich erteilte Seehofer stationären Grenzkontrollen in den Sommermonaten eine Absage. Stattdessen soll neben der Überwachung durch die Gesundheitsämter auch die Kontrollen an Flughäfen durch die Bundespolizei verstärkt werden. Für die Einreise auf dem Landweg soll die Schleierfahnung im Bereich hinter der Grenze verdichtet werden. Lange Staus in den Grenzregionen gelte es zu verhindern, betonte Seehofer. Er werde sich von einzelnen Ministerpräsidenten nicht zu stationären Grenzkontrollen drängen lassen, sagte er.

Von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kam Zuspruch. „Die Zusage des Bundes, Reisende an den Flughäfen und durch verstärkte Schleierfahndung intensiver zu kontrollieren, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung zum Beginn der Sommerferien. Ich nehme den Bundesinnenminister beim Wort, wenn er sagt: ‚Wer einreist, muss damit rechnen, kontrolliert zu werden.‘ “ Holetschek kritisierte die Bundesregierung jedoch mit Blick auf Bahn- und Busreisende. „Wir brauchen ein engmaschiges Kontrollnetz. Negative Tests, Impf- oder Genesenennachweise sowie die digitale Einreiseanmeldung sind zentrale Werkzeuge, um die Pandemie im Griff zu halten und das Einschleppen von Infektionen aus Urlaubsregionen zu begrenzen“, so Holetschek. „Deswegen bedauere ich, dass der Bund bei den wichtigen Kontrollen nicht auch verstärkt die Kontrollen bei Bahn- und Busreisenden zusätzlich in den Fokus nimmt.“ Vergangenes Jahr im Sommer hätten die Urlaubsrückkehrer beim Infektionsgeschehen durchaus eine Rolle gespielt. „Das darf sich nicht wiederholen!“, sagte Holetschek.

Die Grünen forderten noch konsequentere Kontrollen der Test. „Während Zehntausende im Stadion sind, werden Einreisebeschränkungen erlassen. Statt weiterer Verschärfungen brauchen wir mehr und konsequentere Kontrollen der Tests vor Ort an den Flughäfen und einen schnelleren Austausch der Daten in der EU“, sagte Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. An diesem Donnerstag war der offzielle Start des EU-Impfzertifikats, das Reisen innerhalb Europas erleichtern soll. Brantner sprach in diesem Zusammenhang von einem „wichtigen Tag für die Reisefreiheit in Europa“. „Damit wir uns diese Freiheit erhalten können, brauchen wir mehr gemeinsame Regeln zur Einreise“, so Brantner weiter.

Welche Bestimmungen bei der Rückkehr nach Deutschland aus dem Urlaub gelten, hängt vom jeweiligen Reiseland ab. Für sogenannte Virusvariantengebiete, darunter derzeit noch Portugal und Großbritannien, gelten die strengsten Regeln mit einer 14-tägigen Quarantänepflicht, von der sich Reisende nicht freitesten können. Bei Einreise aus Hochinzidenzgebieten kann man sich frühestens nach fünf Tagen aus der zehntägigen Quarantäne durch einen Negativ-Test befreien. Bei einfachen Risikogebieten entfällt die Quarantänepflicht bereits ab dem Moment, ab dem ein Impf- oder Genesenennachweis oder ein negativer Testnachweis übermittelt wurde. In welche dieser Kategorien ein Land derzeit eingestuft ist, lässt sich auf der Webseite des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de) aktuelle abrufen. Für alle Reisenden, die per Flugzeug einreisen, gilt unabhängig vom Reiseland eine Testpflicht.

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