Nach Demonstration in Berlin Schäuble nennt Eskalation am Reichstag "verabscheuungswürdig"

Berlin/Hamburg · Der Bundestagspräsident hat den rechtsextremen Protest am Reichstag heftig kritisiert. Jeder Demo-Teilnehmer müsse sich fragen, "mit wem er da mitlaufe". Die SPD will über eine Sicherheitszone vor dem Gebäude sprechen.

 Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Vorgänge am Reichstag kommentiert.

Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Vorgänge am Reichstag kommentiert.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat die rechtsextreme Eskalation vor dem Berliner Reichstagsgebäude am Rande der Corona-Proteste als "verabscheuungswürdig" bezeichnet. Jeder müsse sich "über die symbolische Wirkung des Reichstages bewusst sein", sagte Schäuble am Abend den ARD-Tagesthemen. "Ich finde es verabscheuungswürdig, was da geschehen ist."

Insgesamt sei die Berliner Polizei mit der Situation "gut fertig geworden", sagte Schäuble weiter. Er habe sich bei der Polizei dafür bedankt. Die Grundrechte und damit das Demonstrationsrecht müssten geschützt werden, betonte der Bundestagspräsident. "Wir müssen zugleich dafür sorgen, dass, wenn es missbraucht wird, dass dann die Grenzen eingehalten werden." Im übrigen solle sich "jeder, der bei einer Demonstration dabei ist, fragen, mit wem er da mitlaufe", fügte Schäuble hinzu.

Zuvor hatte der Bundestagspräsident gesagt: „Nach diesen Szenen sollte der Letzte verstanden haben, dass es auch Grenzen des Anstands gibt, wie weit man mitträgt, wer mit einem mitläuft. Der Verantwortung, sich bei seinem Protest nicht von Extremisten instrumentalisieren zu lassen, kann sich niemand entziehen.“ Dass es überhaupt zu diesem Angriff kommen konnte, „muss schnell und umfassend aufgearbeitet werden“.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider kündigte an, er wolle „eine Sondersitzung des Ältestenrates beantragen, um die Pläne zur Errichtung einer Sicherheitszone zu überprüfen und für eine schnelle Umsetzung zu sorgen.“ Schäuble müsse mit dem Berliner Senat über das Sicherheitskonzept sprechen. Gegebenenfalls müsse der Bund den Bundestag selbst sichern.

Bei Protestkundgebungen gegen die Corona-Politik der Regierung in Berlin war am Samstagabend die Lage vor dem Reichstagsgebäude eskaliert: Mehrere hundert rechtsextreme Demonstranten stürmten die Treppe des Sitzes des Bundestages.

Die Eskalation sorgte für Entsetzen bei zahlreichen Politikern. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte: "Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie."

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach in der „Bild am Sonntag“ vom dem Symbolischen der freiheitlichen Demokratie. „Dass Chaoten und Extremisten es für ihre Zwecke missbrauchen, ist unerträglich.“ Außenminister Heiko Maas (SPD) twitterte: „Reichsflaggen vorm Parlament sind beschämend.“ SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz schrieb: „Nazisymbole, Reichsbürger- & Kaiserreichflaggen haben vor dem Deutschen Bundestag rein gar nichts verloren.“ Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zeigte sich „richtig wütend“. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel nannte die Vorfälle „inakzeptabel“.

(juju/AFP/dpa)
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