Regierungsklausur in Meseberg Alle wollen an die Scholz-Milliarden

Berlin · Bundesfinanzminister Olaf Scholz muss bei der anstehenden Regierungsklausur in Meseberg die Ausgaben seiner Ministerkollegen eindämmen. Es ist seine erste große Bewährungsprobe als Bundesfinanzminister.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz (Archivfoto).

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (Archivfoto).

Foto: dpa, wk tba

Wenn auf Schloss Meseberg in Brandenburg am Dienstag und Mittwoch das neue Bundeskabinett zu seiner ersten Regierungsklausur zusammenkommt, muss Olaf Scholz (SPD) beweisen, dass er die Begehrlichkeiten der Kollegen im Zaum halten kann. Alle Minister wollen durchstarten. Ihr Erfolg in dieser Legislaturperiode hängt entscheidend davon ab, dass sie für ihre Pläne genügend zusätzliches Geld aus dem Bundeshaushalt loseisen können.

Scholz muss aber die von seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) erstmals 2014 erreichte "schwarze Null" auch in allen vier Jahren dieser Wahlperiode einhalten. Das geht nur, wenn er die vielen Wünsche für Mehrausgaben begrenzen kann und auch ausreichend Vorsorge für schlechtere Zeiten trifft.

Die Voraussetzungen für Scholz und das neue Kabinett können allerdings besser kaum sein: Die Steuereinnahmen entwickeln sich weiterhin besser als bisher prognostiziert. Zudem steht Scholz die mit 24 Milliarden Euro gefüllte Rücklage für flüchtlingsbezogene Ausgaben noch komplett zur Verfügung. Sollte das Plus bei den Steuereinnahmen nicht ausreichen, können Scholz und sein erst in der vergangenen Woche von der Bahn ins Finanzministerium zurückgekehrter Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer getrost in die Rücklage greifen.

Scholz wird in Meseberg erste Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2018 nennen, der am 2. Mai ins Kabinett gehen und vor der Sommerpause vom Bundestag gebilligt werden soll. Das Kabinett muss also festlegen, welche der im Koalitionsvertrag genannten prioritären Maßnahmen so vorrangig sind, dass sie sofort angegangen und schon 2018 haushaltsrelevant werden sollen. Bis 2021 stehen der Koalition laut Vertrag insgesamt 46 Milliarden Euro für alle zusätzlichen Maßnahmen zur Verfügung - wie viel davon schon 2018 ausgegeben werden soll, muss noch ausgehandelt werden.

Für die Union gehört dazu unbedingt das Baukindergeld für junge Familien. Es soll nach dem Willen des Bauministers Horst Seehofer (CSU) schon Mitte des Jahres anlaufen. Außerdem will die Union den Breitbandausbau und das Projekt digitale Schule sofort anschieben. Auch der Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschüler sowie die Integrationskosten für Migranten haben für die Union Priorität. Außerdem dringt Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) auf Millionen-Investitionen zur Entwicklung strukturschwacher ländlicher Regionen.

Bei der SPD will Familienministerin Franziska Giffey ihr Programm für mehr Kita-Qualität sofort starten. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat angekündigt, dass sein Gesetz zur Schaffung staatlich finanzierter Jobs für bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose noch vor der Sommerpause kommen soll. Zudem will er das Rückkehrrecht vom Teilzeit- in einen Vollzeitjob zügig einführen. "Das Rückkehrrecht ist eines von mehreren wichtigen Vorhaben, die rasch vorgelegt und umgesetzt werden müssen", forderte Reiner Hoffmann, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Vor allem Frauen steckten in der Teilzeitfalle fest. Sie bekämen mit dem Rückkehrrecht endlich eine Perspektive. "Für Unternehmen, die sich über Fachkräftemangel beschweren, ist dieses Recht eine Möglichkeit, genau diesen Mangel zu bekämpfen: Rund 1,1 Millionen Frauen und rund 420.000 Männer sind teilzeitbeschäftigt und würden gerne Vollzeit arbeiten."

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) steht unter Druck, mehr als bisher zu liefern, um ohne Diesel-Fahrverbote und Blaue Plakette für bessere Luft in 70 Städten zu sorgen. Für einen von der Regierung mitbezahlten Fünf-Milliarden-Fonds für die Motoren-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen, über den Fachbeamte nachgedacht haben sollen, habe Scholz aber kein Geld, wie ein Sprecher des Finanzministeriums sagte.

Grundsätzlich dient die Klausur aber auch dazu, dass die Minister zusammenrücken, Verständnis füreinander entwickeln und Vertrauen aufbauen. Nach dem turbulenten Start der Koalition mit heftigen Auseinandersetzungen um den Familiennachzug für Flüchtlinge und um Hartz-IV-Empfänger haben die Minister viel zu kitten. Die atmosphärischen Störungen werden wohl schon am Dienstagabend bei einem Glas Bier oder Wein zur Sprache kommen. Über allem steht aber, dass der Haushaltsentwurf bis Ende dieses Monats fertig sein soll. So gesehen bleibt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wieder nur eins: die Tagesordnung straff durchzuziehen.

(mar / kd)
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