Aktionsplan „Queer leben“ Bundesregierung will queere Menschen vor Diskriminierung schützen

Berlin · Queere Menschen sollen nach dem Willen der Bundesregierung mehr Mitbestimmung und Schutz erhalten. Warum der Beauftragte der Bundesregierung bei der Umsetzung Druck macht - und was genau passieren soll.

Sven Lehmann (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Queer-Beauftragter der Bundesregierung.

Sven Lehmann (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Queer-Beauftragter der Bundesregierung.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Sven Lehmann möchte Spuren hinterlassen. Und zwar über diese Legislaturperiode hinaus. Der Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung will den Schutz vor Diskriminierung von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie alle queeren Menschen nachhaltig verankern.

Es gebe jeden Tag in Deutschland drei bis vier gemeldete Übergriffe auf queere Menschen, die Dunkelziffer sei aber viel höher, sagt Lehmann.

Nach einem knappen Jahr kann der Grünen-Politiker nun einen bundesweiten Aktionsplan der Regierung für die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vorlegen. Dazu hat das Bundeskabinett am Freitag in Berlin einen Nationalen Aktionsplan „Queer leben“ beschlossen. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP setzt damit eine Vereinbarung aus ihrem Koalitionsvertrag um. Lehmann spricht von einem „Meilenstein“.

Es ist ein Maßnahmenpaket, aufgeteilt in sechs Handlungsfelder - unter anderem geht es um eine bessere rechtliche Anerkennung, mehr Teilhabe und bessere Beratungsstrukturen für diese Gruppe.

Dazu soll beispielsweise das Abstammungs-und Familienrecht so modernisiert werden, dass vielfältige Familienkonstellationen - sogenannte Regenbogenfamilien - gestärkt werden. Teil der Maßnahmen ist auch das seit längerem angekündigte Vorhaben, das bisherige Transsexuellengesetz durch ein neues Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz soll erreicht werden, dass jeder Mensch in Deutschland sein Geschlecht und seinen Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können soll. Künftig soll dafür eine Erklärung reichen. Entsprechende Eckpunkte stellte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bereits vor. Inzwischen sei der Gesetzentwurf „quasi fertig“, so Lehmann. Er hoffe, dass der Bundestag ihn im kommenden Jahr verabschieden könne.

Auch eine Reform des Abstammungsgesetzes ist laut Koalitionsvertrag vorgesehen. Buschmann werde Eckpunkte dazu voraussichtlich im kommenden Jahr vorlegen, kündigt Lehmann an. Darin solle es unter anderem eine Regelung dazu geben, wenn ein lesbisches Paar ein Kind bekomme. Derzeit ist nur die leibliche Frau Mutter des Kindes, ihre Partnerin muss die Adoption beantragen. Der Aktionsplan sehe außerdem vor, dass Artikel 3 des Grundgesetzes um das Merkmal der „sexuellen Identität“ ergänzt werden solle. Für eine Änderung des Grundgesetzes ist aber eine Zweidrittel Mehrheit im Bundestag notwendig.

Lehmann gibt sich zuversichtlich, diese Mehrheit zu Stande zu bekommen - „auch weil viele Bundesländer hier positive Signale senden“, betont Lehman und verweist dabei etwa auf das schwarz-grün regierte Nordrhein-Westfalen.

Lehmann betont, dass die Vorhaben ein „verbindlicher Prozess“ sein müssten. „Ich werde darauf achten, dass auch Ergebnisse erzielt werden.“ Im Jahr 2024 werde er den Fortschritt der Umsetzungen im Parlament vortragen.

Und am Ende der Pressekonferenz sagt der Queer-Beauftragte auch noch etwas zur Austragung der Fußballweltmeisterschaft in Katar. Er halte diese für einen „riesengroßen Fehler“. „Diese WM verkommt zur Farce“. Er selbst sei kein großer Fußballfan und werde sich die Spiele nicht anschauen. Seiner Ansicht nach sind queere Menschen in Katar nicht sicher. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte eine Bedrohung queerer Menschen in Katar vor kurzem noch verneint.

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