Kritische Passagen gestrichen Regierung entschärft offenbar Armutsbericht

Berlin · Die Bundesregierung hat ihren Armuts- und Reichtumsbericht einem Bericht zufolge in einigen entscheidenden Passagen entschärft. So soll etwa die Aussage "Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt" in der Einleitung des Regierungsdokuments nicht mehr zu finden sein.

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Foto: dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch. Dies gehe aus einem Vergleich des Entwurfs mit der überarbeiteten Fassung vom 21. November hervor, die der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegt.

Den Bericht, der derzeit den Verbänden vorliegt, soll das Kabinett möglichst noch in diesem Jahr billigen. Die erste Fassung der amtlichen Analyse, die das Bundesarbeitsministerium alle vier Jahre erstellt, war Mitte September an die anderen Ressorts gegangen.

Bestimmte Sätze fehlen

Zwei Monate später fehlen laut der "Süddeutschen Zeitung" nun bestimmte Sätze, mit denen die Beamten des Ministeriums von Ursula von der Leyen (CDU) einen durchaus kritischen Blick auf die Republik warfen. Dazu zählen laut der "SZ" auch Aussagen zur Lohnentwicklung.

In der ersten Variante stand demnach: "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen."

Diese verletze "das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung". Stattdessen wird nun angeführt, dass sinkende Reallöhne "Ausdruck struktureller Verbesserungen" am Arbeitsmarkt seien. Denn zwischen 2007 und 2011 hätten Erwerbslose durch die Schaffung neuer Vollzeitjobs im unteren Lohnbereich eine Arbeit bekommen.

Glättung auf Drängen der FDP?

Bereits in der vergangenen Woche hatten mehrere Zeitungen berichtet, dass der Bericht auf Betreiben der FDP geglättet worden sei und dort nach der Korrektur die Möglichkeit einer deutlicheren steuerlichen Umverteilung von oben nach unten ausgeschlossen werde.

Draufhin hatte das Bundesarbeitsministerium die Vorwürfe einer Glättung des Berichts zurückgewiesen. Der Bericht sei in die Ressortabstimmung gegangen, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums am Freitag in Berlin auf Anfrage. Dort habe es Veränderungswünsche gegeben, die berücksichtigt worden seien, dies sei "ein ganz normales Prozedere".

"Klientelparte"

So fehlt dort nach Angaben der "Mitteldeutschen Zeitung" die Aussage aus dem ersten Entwurf, wonach die Bundesregierung prüfen werde, "ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann".

Auch sei die Feststellung, dass "der steigende Wohlstand in Deutschland sich in der gesamtwirtschaftlichen Vermögensentwicklung widerspiegelt" gestrichen. Ebenfalls weggefallen sei die Bemerkung, wonach die aktuelle Einkommensentwicklung das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung verletze und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährde.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, kritisierte die Korrekturen. "Die FDP hat den Bericht verwässert", sagte er der Zeitung. "Diese Klientelpartei macht Politik gegen die Mehrheit." Der Armuts- und Reichtumsbericht wird alle vier Jahre vorgelegt. Die Federführung hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

(KNA/AFP)
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