Mehr Geld steuerfrei Reform der Erbschaftsteuer beschlossen

Berlin (RPO). Viele Deutsche sollen künftig deutlich mehr Geld als bisher steuerfrei erben können. Das Bundeskabinett beschloss eine Reform der Erbschaftsteuer, nach der künftig Ehegatten, Kindern und Enkeln meist deutlich mehr vom Vermögen des verstorbenen Angehörigen bleibt.

Die wichtigsten Fragen zur Reform der Erbschaftsteuer
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Die wichtigsten Fragen zur Reform der Erbschaftsteuer

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Foto: ddp

Im Gegenzug sollen vererbte Immobilien steuerlich wie andere Vermögensarten behandelt werden. Bisher wurden sie mit nur etwa der Hälfte ihres Werts veranschlagt. Firmen können einen großen Teil der Steuer erlassen bekommen. Viele Deutsche sollten Verbraucherschützern zufolge in den kommenden Monaten prüfen, ob sie nicht noch mit einer Schenkung auf die Reform reagieren.

"Mir ist wichtig, dass die meisten Menschen gerade im engen Familienverbund wissen, dass auf sie keine neuen Steuern zukommen, wenn sie erben", erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Nur wer sehr hohe Vermögen erbe, müsse Steuern zahlen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte auf dem Deutschen Unternehmertag, mit der Reform werde der Übergang von Vermögen in Familienbetrieben "deutlich erleichtert". Dies sei "eine ganz wichtige Botschaft, die wir aus Überzeugung gesetzt haben", fügte Merkel hinzu.

Für Ehepartner soll künftig ein Freibetrag von 500.000 Euro statt bisher 300.000 Euro gelten. Kinder sollen 400.000 Euro statt rund 200.000 Euro steuerfrei erben können, Enkelkinder 200.000 Euro statt etwa 50.000 Euro. Schlechter gestellt werden mit der Reform Geschwister und entfernte Verwandte wie Neffen oder Nichten. Ihre Freibeträge bleiben mit 20.000 Euro niedrig. Vor allem aber müssen sie auf das restliche Vermögen künftig zwischen 30 und 50 Prozent Steuern zahlen, was oft rund doppelt so viel ist wie heute.

Eingetragene Lebenspartner sollen künftig außerdem deutlich besser gestellt werden. Sie sollen künftig wie Ehepartner den Freibetrag von 500.000 Euro erhalten. Jedoch müssen sie für Erbschaften, die darüber hinausgehen, den höheren Steuersatz von entfernten Verwandten und Nicht-Verwandten zahlen.

Die Erbschaftsteuer soll im Laufe des kommenden Jahres in Kraft treten und dann rückwirkend zum 1. Januar 2007 gelten. Zwischen dem 1. Januar 2007 und dem In-Kraft-Treten der Reform sollen die Bürger zwischen den beiden Besteuerungsregeln wählen können. Wie die "Stiftung Warentest" in der neuen Ausgabe ihrer Zeitschrift "Finanztest" empfiehlt, kann es sich gerade für entferntere Verwandte lohnen, ihr Erbe ganz oder teilweise in den nächsten Monaten zu übertragen, falls die Reform ihre Situation verschlechtern sollte.

Unternehmen müssen künftig nur noch 15 Prozent des vererbten Vermögens versteuern. Der Rest ist steuerfrei, wenn der Betrieb nach dem Erbfall zehn Jahre lang weitergeführt und weiter mindestens 70 Prozent der Löhne gezahlt werden. Wird ein Betrieb vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist geschlossen, muss das Unternehmen die verbleibende Erbschaftsteuer anteilig nachzahlen.

Mit der Reform wird das Aufkommen von rund vier Milliarden Euro aus der Erbschaftsteuer, die komplett den Ländern zufließt, laut Finanzministerium in etwa erhalten bleiben. Jedoch kommen in den ersten Jahren Mehrbelastungen von rund einer halben Milliarde Euro auf die Länderhaushalte zu, weil sich Erben in der Übergangszeit jeweils für das für sie günstigere Recht entscheiden können. Die Zahl der Erbschaften, bei denen Steuern gezahlt werden müssen, dürfte nach der Prognose der Bundesregierung um rund 40 Prozent sinken.

Die Reform ist nötig, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Praxis, Immobilien nicht zum vollen Wert zu veranschlagen, für rechtswidrig erklärt hatte. Die Bundesregierung muss dem Urteil der Karlsruher zufolge bis Ende des kommenden Jahres ein verfassungsgemäßes Erbschaftsteuerrecht geschaffen haben.

(afp)
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